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Quellen zur Filmgeschichte 1933-1945: Filmzensur

Reg.-Rat H. Zimmermann: Die Entwicklung der deutschen Filmzensur °(Lichtbildbühne 1908-1938, S.14) [Nur ein Beispiel, wie im Dritten Reich die Entwicklung der Zensur gesehen wurde.]

I. Die deutsche Filmzensur ist dezentral als ortspolizeiliche Notmass- nahme ins Leben getreten. Ihr Geburtsdatum ist der 5. Mai 1906. Mit diesem Tage wurde eine Polizeiverordnung aus dem Jahre 1851 durch den Polizeipräsidenten von Berlin auf alle kinematographischen und phonographischen Vorstellungen für anwendbar erklärt. Die wichtigste Bestimmung jener älteren Verordnung lautete:

"§ 1. Keine öffentliche Theatervorstellung darf im engeren oder weiteren Polizeibezirk von Berlin ohne ausdrückliche Erlaubnis des Polizeipräsidiums stattfinden."

Dem Vorgehen Berlins folgten sehr bald zahlreiche andere Gemeinden, so dass der Preussische Innenminister schon 1908 durch einen Erlass den Ortsbehörden empfehlen konnte, "bei vorliegender Notwendigkeit" für den Film durch Polizeiverordnung Präventivzensur einzuführen. Etwa 3 Jahre später wurde von derselben Stelle ein Musterentwurf mit der Anordnung versandt, überall entsprechende Zensurverordnungen zu erlassen. Wenn man bedenkt, dass der Film in jener Zelt vorwiegend auf den Rummelplätzen und im Wandergewerbe seine Heimstätte fand, so kann es nicht verwundern, dass dem ministeriellen Ersuchen mit zahlreichen Orts- und Bezirks-Polizeiverordnungen nachgekommen wurde.

2. Die deutsche Filmzensur zeigte frühzeitig das Bestreben zur Zentralisierung. Es war nicht so ausschlaggebend, dass die Berliner Zensur für viele andere Gemeinden massgebend wurde, indem die in Berlin zugelassenen Filme meist nicht nochmals einer erneuten örtlichen Prüfung unterzogen wurden. Es war auch nicht so sehr die Tatsache, dass die übrigen Bundesstaaten in der gleichen oder ähnlichen Weise wie Preussen vorgingen; sondern ausschlaggebend für die spätere Entwicklung war vor allem die schnelle Erkenntnis der Filmindustrie, dass mit einer zentralen Regelung ein bedeutender finanzieller Vorteil und ein unbehindertes Inverkehrbringen der Filme gegeben war. Daher reichte man freiwillig die Filme zuerst dem Berliner Polizeipräsidium zur Prüfung ein, wodurch sich wiederum das Gewicht der Berliner Zensur verstärkte. Ein Beweis dafür ist der Erlass des Preussischen Innenministers aus dem Jahre 1912, der vorschrieb, dass Filmverbote in der Provinz dem Berliner Polizeipräsidenten mitgeteilt werden mussten.

Immerhin blieb die Unsicherheit gross. Ein Film, der hier zugelassen war, konnte anderwärts verboten werden. Hier wurde diese, dort jene Einzelheit beanstandet und geschnitten. Vor allem in dieser Zeit der widerspruchsvollen negativen Polizeiprüfung hat sich der langjährige Hass gegen die Filmzensur entwickelt und auf Zeiten übertragen, die eine günstigere und vernünftigere Regelung dieser schwierigen Frage gefunden haben. Aber noch gingen die Wogen der Verärgerung, der öffentlichen Kritik, des Lehrerkampfes gegen den Schundfilm, des ungehemmten Triebes zum Gcschäftemachen hoch, und dass sie nicht noch stärkeren Widerhall fanden, lag daran, dass der Ausbruch des Weltkrieges dem Für und Wider der liberalistisch zerklüfteten Gruppen ein Ende setzte. Die stellvertretenden Generalkommandos schalteten sich ein und nahmen sich besonders der gefährdeten Jugend an. In zwei deutschen Bundesstaaten war die Filmzensur schon in dieser Zeit durch Landesgesetz geregelt worden. Braunschweig hatte bereits 1911 ein Gesetz über die öffentlichen kinematographischen Schaustellungen erlassen, und Württemberg folgte im März 1914 mit einem ausgezeichneten Gesetz, betr. öffentliche Lichtspiele, dem allerdings ein langes Leben nicht beschieden war. [Nicht erwähnt: Düsseldorf.]

Alle Versuche, die Frage der Filmzensur wenigstens landesrechtlich zentral zu lösen, gingen unter in dem Chaos der Kriegsbeendigung. Am 12. November 1918 verkündete der Rat der Volksbeauftragten:
"Eine Zensur findet nicht statt. Die Theaterzensur wird aufgehoben"
und entfesselte damit die widerliche Spekulation der Oswald und Genossen, jener jüdischen Filmfabrikanten, die mit der Schmutzflut der sogenannten "Aufklärungsfilme" Volk und Jugend, Stadt und Land verseuchten.

Bei der im Kern ungebrochenen Gesundheit des deutschen Volkes konnte es nicht ausbleiben, dass sich gegen dieses Treiben immer stärker anschwellend in Vereinen, Parteien, Versammlungen, Broschüren, Büchern, Eingaben, Flugschriften, Reden ein Sturm der Entrüstung erhob. So kam es dann nach vielem Hin und Her endlich zum Reichslichtspielgesetz vom 12. Mai 1920, das sogar mit verfassungändernder Mehrheit von der Nationalversammlung angenommen wurde - eine bemerkenswerte Reaktion gegen die Hemmungslosigkeit der zensurlosen Zelt. Aber die Eintracht der Zensurfreunde war nicht von langer Dauer.

3. Die deutsche Fllmzensur wurde in der Weimarer Republik zwar reichsgesetzlich ausgerichtet, aber auch "systematisch" zerklüftet. Das neue Reichsgesetz ist durch mancherlei Kompromisse zwischen Regierung und Parteien, zwischen Reich und Ländern zustande gekommen. Diese Geburtsfehler haben aber zunächst nicht gehindert, dass das Feld gesäubert und für Ordnung und Anstand gesorgt wurde. Das Gesetz war in der Hand einer zielbewussten Innenverwaltung kein schlechtes Instrument. Aber langsam und - parallel zu den sich zuspitzenden innerpolitischen Schwierigkeiten - spähte man die schwachen Stellen des Gesetzes aus und suchte seine Handhabung in einem skrupellos geführten Kampf zu unterhöhlen.

Musterbeispiel einer parlamentarisch-liberalistischen Rückversicherung war die Gesetzesbestimmung, nach der ein Film wegen einer politischen, sozialen, religiösen, ethischen oder Weltanschauungstendenz "als solcher" nicht verboten werden konnte. Man glaubte, damit ein besonders starkes Bollwerk der "Freiheit" eingebaut zu haben, und musste nun erleben, dass im Film kommunistische und anarchistische Tendenz sich anschaulicher breitmachen durfte als in der Presse oder sonstwo. Die "Problemfilme", die gegen Strafgesetzbuch-Paragraphen Sturm liefen, mehrten sich von Jahr zu Jahr. Dadurch, dass es gestattet war, einen verbotenen Film immer von neuem der Prüfstelle vorzulegen, weil man auf eine günstige Kammer hoffte, die ja mit Beisitzern aus allen Richtungen und Parteien zusammengesetzt waren und ihre Entscheidungen durch Abstimmung herbeiführten, wiederholte sich im Kleinen und im behördlichen Bezirk das grosse parlamentarische Versteckspiel, bei dem der Kammervorsitzende nur eine unter fünf Stimmen war. [Siehe weiter unten, wo er dieselbe mehrfache Vorlegemöglichkeit auch später hervorhebt.]

In den Sitzungen tobten weltanschauliche Redeschlachten; an den Behörden-Vertretern, die als Sachverständige auftraten, rieb sich der Rechtsvertreter der antragstellenden Firma, und nach Schluss der Sitzung wurden Beamte und Beisitzer in der Presse verunglimpft. Der Staat rührte sich nicht, nahm niemanden in Schutz. Nach aussen hielt er die Fiktion eines unabhängigen Verwaltungsgerichtes aufrecht, durch interne und vertrauliche Vorschriften aber band er den Kammervorsitzenden die Hände.

In der Berliner Prüfstelle sass mit fiskalisch gestelltem Arbeitsraum, Fernsprecher und Licht ein Volljude als ständiger Vertreter der Filmindustrie, der die Belange der von ihm vertretenen Firmen wahrzunehmen hatte. Horchposten der zensurfeindlichen Presse war und Alarm schlug, sobald ein Verbot erging. Ihn zu entfernen, war bis 1933 nicht möglich; es gelang nur Schritt um Schritt, ihn einzuengen und abzuriegeln. Es war bezeichnend für die damaligen Verhältnisse, dass eine Kammervorsitzende, eine jüdische Regierungsrätin von dem Augenblick an, wo sie in den Landtag gewählt war, fünf Jahre lang keinen Schritt mehr in ihre Dienststelle setzte, regelmässig aber zu ihren Diäten noch das Gehalt einsteckte und in Wort und Schrift öffentlich gegen die Filmzensur zu Felde zog.

Der Staat liess das alles geschehen. Vor allem liess er ein brauchbares Gesetz durch schwächliche Duldung zermürben und seine Prüfbehörde durch eine verlogene Pressehetze herabsetzen und lächerlich machen.

Damit hat der Nationalsozialismus aufgeräumt. Im Zuge einer planmässigen Neuordnung aller staatlichen Verhältnisse hat er auch das Filmzensurrecht neu aufgebaut und im Lichtspielgesetz vom 16. Februar 1934 das Führerprinzip, straffe Zentralisierung und die ihm gemalte positive Einstellung zum kulturellen Schaffen durchgeführt.

4. Die deutsche Filmzensur wurde durch den nationalsozialistischen Staat als positives deutsches Kulturrecht erstmalig begründet und zur Vollendung geführt. Sie kann als nationalsozialistische Einrichtung weder erstarren noch verkalken, weil es an sich schon in der Natur der nationalsozialistischen Weltanschauung und damit im Gefüge und Charakter aller staatlichen Stellen liegt, dass sie aus sich selbst heraus stets jung und elastisch bleiben. Sie braucht nicht mehr umständlich und gequält mit wesensfremden Formeln wie der vom "künstlerischen Gegenwert" zu operieren, weil sie auf dem Primat des künstlerischen Filmschaffens überhaupt erst begründet ist. Sie braucht nicht mehr als Hemmnis gefürchtet und gebaut zu werden, weil sie auf Förderung und Hilfe ausgerichtet ist, und weil durch die ständische Durchorganisierung in der Reichsfilmkammer das ganze Gebiet des Films von Buschkleppern und Strauchritter gesäubert ist. Nach dem Willen des Reichspropagandaministers, unseres Filmführers Dr. Goebbels, wird sie grosszügig und unbürokratisch gehandhabt. Wie der wirklich moderne Erzieher den Standpunkt vertritt, dass "Knaben gewagt werden müssen", so ist es Leitsatz der nationalsozialistischen Filmzensur, dass auch "das Filmpublikum gewagt werden muss", wenn anders es zum Filmverständnis und zur Kunstbegeisterung erzogen werden soll.

Wenn jedoch, wie das kürzlich in einer Buchbesprechung (Ufita 1933 S.62f) der Fall war, behauptet wird, dass der nationalsozialistische Staat bereits heute auf eine Filmzensur verzichten könnte, so muss diese Fehlmeinung auf Grund der tatsächlichen Verhältnisse richtiggestellt werden. Der Betrachter glaubt feststellen zu können, dass die Bedeutung der Tätigkeit der Filmprüfstelle für die deutsche Filmkunst immer mehr zurückgegangen sei. Dabei hat er nur die grossen deutschen Spielfilme im Auge und übersieht ganz, dass das übrige Tätigkeitsgebiet der Filmprüfstelle wesentlich grösser und verwickelter ist.

Im Kalenderjahr 1937 wurden insgesamt rund 2800 Prüfanträge erledigt, d.h. es wurden über 1,7 Millionen Normalfilm-Meter geprüft. In dieser Längenangabe stecken (auf Normalfilmmeter umgerechnet) über 400000 Meter Schmalfilm, also etwa 1/4 der ganzen Arbeit. Immer in Metern gerechnet, nehmen die Spielfilme in der Gesamtzahl nur knapp die Hälfte ein.

Der Betrachter übersieht, dass die Filme immer wieder geändert werden und schon deshalb eine Kontrollstelle (er nennt es eine allgemein überwachende Tätigkeit der Befolgung der nationalsozialistischen Filmpolitik) unerlässlich ist. Er übersieht, dass mit Reportagen, Zweck- und Interessentenfilmen mehr Unheil angerichtet werden kann als mit den in den Kunstausschüssen vorgesiebten Spielfilmthemen. Er übersieht, dass gerade der Schmalfilm infolge seiner einfachen und praktisch fast unkontrollierbaren Vorführbarkeit besonders im Auge behalten werden muss. Er übersieht, dass die blosse Existenz der Fllmprüfstelle allein schon mehr verhindert, als es in Zahl und Meterlänge der Beanstandungen, Anerkennungsverweigerungen, Verbote und Ausschnitte zum Ausdruck kommt. Er sieht überhaupt nicht die aus dem Gefüge des ganzen Filmwesens unlösbare Bedeutung der Filmprüfstelle als einer nationalsozialistischen Befriedungs- und Ausgleichsstelle.

So leicht darf man es sich nicht machen, denn die liberalistische Abneigung gegen ein längst nicht mehr aktuelles Zensurgouvernantentum findet keine Ansatzpunkte mehr. Der Nationalsozialismus an und für sich und aus sich heraus, d.h. der überragende und ordnungsliebende Wille des Volkes, ist das festeste Bollwerk gegen überalterte und überflüssige Bevormundung. [Dafür neue.]

5. Das Land Österreich. Im Zuge der in Fluss befindlichen Durchformung der österreichischen Verhältnisse muss ein Wort über das historische Werden genügen. In Österreich hat die Entwicklung der Filmzensur einen etwas anderen Lauf genommen. Von 1912 bis 1918 bzw. 1926 hatte Österreich eine ausgesprochene Filmzensur, eingeführt durch eine Verordnung des Innenministeriums über die "Veranstaltung öffentlicher Schaustellungen vermittels eines Kinematographen" und ausgeübt durch die Landesbehörden. Ähnlich wie in Deutschland wurde im Oktober 1918 die Zensur für aufgehoben erklärt. Da jedoch der Verfassungsgerichtshof im Dezember 1919 entschied, dass die Filmzensur nicht darunter falle, wurde sie bis 1926 weitergeführt. In diesem Jahre kam dasselbe oberste Gericht zu einer entgegengesetzten Auffassung. Seitdem gibt es sehr widerspruchsvolle Verhältnisse, weil die verschiedenen Landesbehörden in ganz verschiedener Weise sich dem neuen Zustande anpassten. Formell besteht keine zentrale Zensur, aber die Polizeibehörden haben gegenüber den deutschen erweiterte Befugnisse hinsichtlich eines "Vorführungszwanges", der Erteilung von "Vorführungskarten" und des Jugendschutzes. Vorzensur und Nachzensur gehen recht kompliziert durcheinander. Es wird allen Sparten des österreichischen Filmwesens zugute kommen, wenn jetzt auch auf diesem Gebiete klare, übersichtliche, zentral geregelte, positiv fördernde, kurz nationalsozialistische Verhältnisse geschaffen werden.
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