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Quellen zur Filmgeschichte ab 1920

Texte der Hefte des studentischen Filmclubs der Uni Frankfurt/Main: Filmstudio

Einführungsseite

Filmstudio Heft 55, Oktober-Dezember 1967

Inhalt
Flugblatt
Faschistensonde
Der Satanismus bei Buñuel
Gespräch: Luis Buñuel
Filmzensur in der BRD
Die Optische Aufwertung der Dingerscheinungen
Chronik der Anna Magdalena Bach
Filmliteratur


Auszug aus der in Frankfurt erschienenen Flugschrift II des Aktionszentrums unabhängiger und sozialistischer Schüler (AUSS), Projektgruppe Schülerfilm

Die Projektgruppe Schülerfilm, bestehend aus Schülern des AUSS Frankfurt/Main, hat in Koordination mit Studenten des SOS der Filmakademie Westberlin mit den Vorbereitungsarbeiten für die ersten Teile des Schülerfilmprojektes begonnen. Diese werden ab September '68 auf einer breiteren Basis an den Schulen und zusammen mit anderen sozialistischen Gruppen, zum Beispiel mit dem Sozialistischen Lehrerverband (SLB), fortgeführt. Für Schüler erscheint nach Schulbeginn die Flugschrift III.

Dem Schülerfilmprojekt liegen Theoreme des sozialistischen Films zugrunde. Seine Aufgabe besteht darin, die politische Arbeit des AUSS durch zielgerichtete Agitation zu stabilisieren und voranzutreiben. Der Schülerfilm ist nicht die Herstellung und Vorführung eines abgeschlossenen Films, sondern die einzelner Teilfilme (Kapitel), welche, zueinander in Beziehung stehend, eine langfristige Fllmarbeit erst ermöglichen. Die Inhalte dieser Teilfilme ergeben sich aus den für die sozialistisch« Schülerbewegung vorrangig zu erarbeitenden Fragen wie politische Organisation, Politisierung der Schüler über den Leistungsdruck und dessen Verschleierungsformen in den Schulen, Unterrichtskritik/ kritische Schule, Sexualität, elterliche Autorität, politische Wehrdienstverweigerung: an und in der Schule sind die Widersprüche und Konflikte aufzuweisen, bewusst und für die Politisierung nutzbar zu machen _...

Bei den ersten Teilfilmen des Schülerfilmprojekts ist der Herstellungsprozess (Produktion, Realisation, Distribution) von den Schülern alleine nicht zu leisten. Die Entscheidung über einen sich notwendig ergebenden Rückgriff auf Fremdbestimmung (anstelle Selbstbestimmung), zum Beispiel in der Finanzierung, kann nur in der Praxis von Aufgabe zu Aufgabe getroffen werden in dem Versuch, die jeweiligen politischen Implikationen zu reflektieren und zu kontrollieren. Die angestrebte Aufhebung der Trennung in Produzenten und Konsumenten lässt sich anfänglich nicht (oder nur partiell) und in der Fortführung nur tendenziell verwirklichen. Die Verwertung des Schülerfilms ist nicht profitbezogen und gegen das konsumorientierte Filmbewusstsein der Schüler gerichtet. Integriert in die direkte politische Arbeit der jeweiligen Schülergruppe, wird die legale oder illegale Vorführung des Films, durch Referate, Diskussionen oder Demonstrationen (die lokalen wie temporären Gegebenheiten berücksichtigend) erweitert, wiederum Ausgangspunkt für die politische Agitation sein. Auch bei der Realisation haben die Schüler noch arbeitsteilige Funktionen, die durch den bürgerlichen (hierarchisch strukturierten) Filmherstellungsprozess determiniert sind (Regie, Drehbuch, Kamera, Ton, Darsteller, Beleuchtung usw.). Die Aneignung des Handwerks ist nicht loszulösen von der politischen Aufgabe des Films (als [Teil der Finanzierung und Vorbereitung werden modellhaft kurze 8-mm-Filme in Seminaren hergestellt). In der politischen Arbeit, in Diskussion um die Anwendung der filmischen Mittel, bei Planung und Proben, kann der bürgerliche Filmherstellungsprozess allerdings auf eine tendenzielle Kollektivarbeit hin überwunden werden. Darin sehen die Studenten des SDS der Filmakademie Westberlin eine vordringliche Aufgabe. Die Diskussionen sind noch nicht abgeschlossen, die Aufgabenstellung noch nicht endgültig bestimmt und die. Ausarbeitung von Exposes erst in ihren Anfängen. Einige Schwierigkeiten resultieren aus der Zielgruppenbestimmung: beispielsweise ist konzipiert, entsprechend den grundlegend verschiedenen Bedingungen an Schulen in Universitätsstädten beziehungsweise in Klein- und Kreisstädten zwei verschiedene Teilfilme herzustellen. Darüber hinaus, dass die einzelnen Teilfilme, die sich nach dem Baukastenprinzip zusammensetzen, veränderbar gehalten werden, um nachträglich politischen Differenzierungen entsprechen zu können.

Die unabhängigen und sozialistischen Schülergruppen sind auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Die Finanzierungsversuche der Projektgruppe an den Schulen wird vor November keine Ergebnisse haben. Bis dahin wird dringend Geld benötigt. Institutionen und Filmemacher, die ausserdem mit Material, Geräten (16 mm, Originalton) unterstützen können, werden um Nachricht gebeten.

Die ersten Teilfilme des Schülerfilmprojekts werden von der Projektgruppe noch in diesem Jahr realisiert. Für das Schuljahr 1968/69 stellt sich die Aufgabe, den Schülern die Notwendigkeit ihrer Organisierung; bewusst zu machen. Organisation als politisches und nicht als technisches Problem erstanden, heisst: an und in den Schulen Voraussetzungen zu schaffen, dass der Bewusstwerdungsprozess der Schüler sich umsetzt in Widerstand gegen die bestehende Schule _...

Faschistensonde

SCHNITTE FÜR ABABA heisst ein Kurzfilm von Werner Nekes, Mitglied der Hamburger Filmemacher. Der Film beginnt schwarz-weiss, wird grün-rot fortgesetzt und endet im Blackout. Schwarz-weiss ist die Kurzszene eines kommerziellen Films: eine Gruppe englischer Polizisten, einer von ihnen wird ausgewiesen mit strafender Gebärde, er geht auf die Kamera zu.

Schnitt: wir sehen grün auf der Leinwand, rot, grün, rot und so fort. Dazu Beat bis zur Schmerzgrenze, etwa zehn Minuten lang. Das Publikum wird unruhig. Nun setzt sich der Projektor in Bewegung grünrot über und unter der Leinwand1, an der Decke, an den Wänden, grünrot ins Publikum, das sich verstört zeigt, lärmt, was man bei den dröhnenden Lautsprechern freilich kaum noch wahrnimmt. Nach etwa zehn Minuten ist die Rotgrünsequenz beendet, es wird finster, die Musik dröhnt im Dunkeln weiter.

Soweit der Tatbestand, zu dem Nekes seine Theorie entwickelt. Es gilt, die Identität des Zuschauers zu zerstören, er soll aus seiner Konsumhaltung herausgetrieben werden, das Medium überprüfen. Es soll ein neues Bewusstsein im Publikum erzeugt werden: das scheinbar Selbstverständliche ist nicht mehr selbstverständlich, Mittel an sich werden gezeigt, nicht mehr mit Inhalten gepaart. Das Publikum hat sich zu fragen: warum sitze ich hier im Kino, was erwarte ich? Es wird kein Konsumgut vorgeführt, das sich im Konsumieren überflüssig macht, das Publikum wird in den Vorgang einbezogen, es spielt mit.

Aber Nekes geht noch einen Schritt weiter. Sein Film soll nicht nur das Bewusstsein des Publikums schmerzhaft verändern, er soll zugleich den Bewusstseinsstand des Publikums offenlegen: und dieser Bewusstseinsstand ist faschistoid. Nekes sieht und hört im aufgestörten Publikum Progromstimmung, die er demnächst filmen will, um diese Dokumentation an die Grünrotpassagen anzuhängen. Er will seinen Film als politischen Film verstanden wissen. Wer hier gegen die Langeweile der Rotgrünsequenz protestiert, wer gegen den übermässigen Lärm anschreit, wer sich hier terroristischen Mitteln ausgesetzt glaubt; der hat sich bereits als zumindest latenter Faschist erwiesen. _...

Stimmt das? Der Film als Sonde, die den faschistischen Kern berührt, ein Prozess der äussersten Beanspruchung, der sozusagen die demokratischen Schalen absprengt?

Es seien Bedenken vorgetragen. Die gewöhnlichen Lautsprecheranlagen sind Werner Nekes nicht stark genug: also noch lauter. Liesse sich aber dieser stress-Effekt nicht auch auf andere Weise erzeugen? Handelt es Sich nicht eher um einen physiologischen» als einen politischen Test, dessen Resultat ein recht allgemeines Verhalten sichtbar macht, dass nämlich der Mensch bei sehr gleichförmigen Darbietungen Langeweile empfindet, dass er sich vor sehr lauten Geräuschen zu schützen sucht? Ist demnach ABABA nicht mehr Astronautentest als Faschistensonde?       Dieter Kühn
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Satanistische Elemente bei Luis Buñuel

In den Filmen von Luis Buñuel begegnen uns immer wieder Bilder und Szenen, in denen Personen oder Gegenstände aus dem Bereich des Katholizismus in ein nichtchristliches oder gar dem Christentum entgegengesetztes Bezugssystem gestellt werden. Da verwesen Bischöfe auf einem Meeresfelsen, stürzen die Strassen der ewigen Stadt ein; feiert Christus eine Orgie (L' age d' or); erlebt ein Wahnsinniger, wie ein lachender und grinsender Priester die Messe vor feixenden Gläubigen hält (El); reisst ein Priester Seiten aus der Bibel, um mit ihnen Feuer zu machen (La mort en ce jardin); lacht Christus schallend, nimmt ein Priester an einer Teufelsaustreibung teil (Nazarin); formieren sich Bettler, die eine Orgie feiern, zur Abendmahlsszenerie und tanzen zu Händels "Hallelujah" (Viridiana); wird ein Heiliger von unkeuschen Visionen verfolgt (Simon del desierto); lädt ein Herzog, der die Sonne eine "schwarze Sonne" nennt, ein nacktes Mädchen in einer "sehr gefühlvollen religiösen Zeremonie" (Belle de jour).

Mit dieser Profanierung und Umfunktionierung chrittlicher Tradition steht Buñuel in der Tradition des Satanismus.

Satanismus, so lehrt uns die "Enciciopedia Cattolica", ist der "Zustand dessin, was satanisch ist, das heisst, unterworfen der Aktion Satans oder geweiht dem Gegenspieler Gottes oder durchdrungen von seinem Geist." (Band X, Rom 1953. Sp. 1953; zitiert nach Gerhard Zacharias: Satanskult und Schwarze Messe, Wiesbaden 1964, S. 9. Das Buch von Z. gibt eine ausgezeichnete Darstellung des Satanismus, den er unter historischen psychologischen und religionsphänomenologischen Gesichtspunkten untersucht. Besonders wichtig sind die zahlreichen von ihm wiedergegebenen Beispiele für Satanskulte.)

Satan als Gegenspieler Gottes. Diesen Dualismus Gott-Satan hat des Christentum aus vorchristlichen Religionen, insbesondere der jüdischen, iranischen und griechisch-hellenistischen, übernommen; und obwohl im Neuen Testament nur wenig über Satan ausgesagt wird, entwickelte sich in den ersten christlichen Jahrhunderten eine systematische Dämonologie, vor allem in Anlehnung an die Offenbarung des Johannes, in dar Satan in der Gestalt des Drachen und des grossen Tieres erscheint. Entsprechend dem Himmel mit seiner wohlabgestuften Rangfolge von Engeln wurde eine Hölle mit einer Hierarchie von Teufeln konstruiert, an deren Spitze Satan steht, der sich vor der Erschaffung der Welt als Luzifer zusammen mit anderen Engeln gegen Gott aufgelehnt hatte und auf Gottes Geheiss vom Erzengel Michael und seinen Heerscharen in den Abgrund der Hölle gestürzt wurde. In der Gestalt der Schlange hat er dann die ersten Menschen im Paradies verführt und seitdem immer wieder Gottes Werk auf Erden zu durchkreuzen getrachtet; selbst Jesus führte er in Versuchung.

Die Gestalt Satans blieb bis in die Neuzeit in der Vorstellung der Christen lebendig, und vor seiner Existenz bezeugten die Menschen bisweilen mehr Angst als vor der Gottes. So beschäftigten sich in den Zeiten der Hexenprozesse Kirche und Gläubige mehr mit Satan als mit Gott, und Teufelsbeschwörungen und Teufelsaustreibungen (Exorzismen) gehörten zum täglichen Handwerk der Priester. (Einen besonders instruktiven Fall schildert Aldous Huxley in "Die Teufel von Loudun", München 1966 (dtv). Ein Teil dieses historischen Falls diente, vermittelt durch die Erzählung von Jaroslaw Iwaszkiewicz, als Vorlage für den Film MUTTER JOHANNA VON DEN ENGELN von Jerzy Kawalerowicz. Vgl. ferner Kurt Baschwitz: Hexen und Hexenprozesse, München 1966 (dtv).)

Obwohl das Christentum von jenem Dualismus Gott-Satan geprägt wurde, ist die christliche Dogmatik, entgegen der herrschenden Praxis, nie so weit gegangen, Satan als ein elementares Prinzip anzuerkennen, das auf der selben Stufe wie Gott steht und unabhängig von diesem in Ewigkeit existiert. So hat die Kirche Lehren, die wie der persische Manichäismus oder gewisse Sekten der Gnosis diesen Standpunkt vertraten, stets blutig verfolgt. Für den Christen ist Satan vielmehr, wie schon die Vorstellung vom Engelsturz deutlich macht, ein zwar von Gott Verstossener, aber dennoch von ihm Abhängiger, ein von Gott zur Verwirklichung der Heilsidee benutztes Werkzeug! "Als Künstler, und zwar als grosser Künstler, bedient sich Gott auch des Teufels. Wüsste er sich seiner nicht zu bedienen, so liesse er ihn überhaupt nicht existieren", schrieb Augustin.

Auf dem Dualismus Gott-Satan fussend entwickelte sich in der Antithese zum christlichen Kult der Satanskult, dessen Wesen in der Umkehrung der christlichen Lehre besteht. In ihm wird all das, was das Christentum als gut wertet; als böse eingestuft und umgekehrt. Man betet Satan an und verflucht Gott: Dabei flössen in den Satanskult zahlreiche Relikte jener alten, vom Christentum verdrängten Religionen ein, insbesondere Relikte alter Fruchtbarkeitsreligionen. Seinen Höhepunkt fand der Satanskult in Westeuropa im mittelalterlichen Hexensabbat (später einfach Sabbat genannt), bei dem die Anbetung Satans und die Schmähung Gottes mit grossen Orgien verbunden wurden, in denen verschiedenste sexuelle Perversionen praktiziert wurden. In Form der Schwarzen Messe haben sich diese satanistischen Kulte bis in unser Jahrhundert erhalten und sind seit dem 17. Jahrhundert auch literarisch verarbeitet worden. (Vgl. dazu das grundlegende Buch von Mario Praz: Liebe, Tod und Teufel - Die schwarze Romantik, München 1963. Auch Zacharias, a.a.O., liefert Beispiele.)

Besonders anschaulich hat der französische Romancier Joris Karl Huysmans in seinem Roman "La-bas" eine Schwarze Messe beschrieben. Bei ihm hat - wie auch bei einigen anderen Autoren - der Satanismus eine soziale Komponente erhalten: Satan ist zum Beschützer der Unterdrückten und Gott zum Beschützer der Reichen geworden. (Auch Buñuel schildert die kirchlichen Repräsentanten immer auf der Seite der Reichen, der Herrschenden stehend, so (dass den Armen Gott als der Gott der Unterdrücker erscheinen muss. In ENSAYO DE UN CRIMEN sehen wir einen Geistlichen sich in bestem Einvernehmen mit den Militärs beim Hochzeitsfest Archibaldos unterhalten; in LA MORT EN CE JARDIN trägt Pater Lizardi eine Armbanduhr, die ein Ölkonzern an alle Priester in seinem Interessengebiet verschenkt hat; in NAZARIN wird ein Oberst, der das Pferd schinden lässt und einen Bauern tyrannisiert, von einem Priester begleitet; in EL ANGEL EXTERMINADOR sehen wir die reichen Bürger am Ende mit den Priestern in der Kirche gefangen; und in LE JOURNAL D' UNE FEMME DE CHAMBRE herrscht ebenso wie in EL zwischen dem Priester und der reichen Familie ein gutes Einverständnis. Weltliche und kirchliche Macht: sind Faktoren, die sich gegenseitig stützen. Die Herrschenden brauchen die Kirche; und ihre Gläubigen, um besser herrschen zu können. In LA MORT EN CE JARDIN wieder gefesselte Chark durch die Kirche geführt; die Soldaten stossen ihm die Gewehrkolben in die Kniekehlen und zwingen ihn dadurch zum Hinknien. Der Kniefall vor dem Altar wird zugleich zu einem Kniefall vor den Herrschenden. Unauslöslich ist die Institution der katholischen Kirche mit dem Odium der Macht und Gewalt verbunden. Glauben ist nicht eine Angelegenheit der Seele, sondern für die Herrschenden eine des Machtinteresses und für die Unterdrückten eine der Gewalt. Dabei zeigen die Repräsentanten der weltlichen Macht bisweilen ein perverses Faible für das Religiöse. So hat der Polizeikommissar in CELA S' APPELLE L' AURORE das Bild 'Der Christus des heiligen Johannes' von Salvador Dali an der Wand seines Polizeibüros hängen und einen mit Handschellen beschwerten Band Claudel auf dem Schreibtisch liegen. Der Gouverneur in LA FIEVRE MONTE A EL PAO hat in seinem Schlafzimmer eine Mönchskutte über dem Stuhl hängen.

Beide, Kirche wie Diktatur, haben eine klare Vorstellung von Ordnung, einen festen Kanon von Werten, und beide haben ihre Kanons aufeinander abgestimmt. Als Nazario auf die Suche geht, ein christliches Leben zu führen, gerät er nicht nur mit der kirchlichen, sondern auch mit der staatlichen Obrigkeit in Konflikt.

Wenn Viridiana mit ihrem karitativen Werk scheitert, bleibt als Erfolg: die Polizei stellt sich auf ihre Seite, während die Bettler, denen Viridiana ein besseres Leben versprochen hatte, von der Polizei verhaftet werden.)

Satan wird gepriesen:

Stütze des Armen in Erbitterung. Herzensfreund der Besiegten, du bist es, der sie mit Heuchelei begabt, mit Undankbarkeit und Hochmut, auf dass sie sich verteidigen können gegen die Angriffe der Gotteskinder, der Reichen! (Joris Karl Huysmanns: Tief unten, Köln 1963, S. 339. Huysmanns war ein intimer Kenner des Satanskultes. Zumindest einmal war er Zeuge einer Schwarzen Messe.)

Und Christus wird geschmäht:

Du hast vergessen jener Armut, die du predigtest, du in Liebe der Banken Vasall! Du hast gesehen, wie man unter der Presse des Agio die Schwachen zermalmte, halt gehört das Röcheln der Verschüchterten, die Hungersnot lähmte, der Frauen, denen der Bauch auf gähnte um ein wenig Brot - und hast, durch die Kanzlei deiner Simonisten, durch deine Handelsvertreter, deine Päpste, als Antwort gesandt hinzögernde Entschuldigungen, ausweichende Verheissungen, du Säckelmeister der Sakristei, du Gott der Geschäfte! (A.a.O., S. 341.)

Wie sehr der bei den Jesuiten erzogene Buñuel in der satanistischen Tradition steht, sei mit dem 1827 unter dem Titel "Une Girafe" geschriebenen surrealistischen Text gezeigt, der von einer kleinen hölzernen Giraffe handelt, deren Fellzeichnung aus mit Deckeln versehenen Löchern besteht, in denen sich die verschiedensten Gegenstände befinden. So liegt im fünften Fleck u a. ein Pergamentpapier, aus dem folgendes, Richard Löwenherz gewidmetes Gedicht steht:

Vom Chor zum Gewölbe, vom Gewölbe zum Hügel, vom Hügel zur Hölle, zum Sabbat winterlicher Todeskämpfe.

Vom Chor zum Geschlecht der Wölfin, die in den zeitlosen Wald des Mittelalters floh.

Verba vedata sunt fodido en culo et puto gafo, das war das Tabu der ersten Wohnstätte, aufgeschlagen im unendlichen Wald, das war das Tabu des Auswurfs der Ziege, aus dem die Massen hervorkamen, die die Kathedralen errichteten. Die Blasphemien trieben in den Sümpfen, die Pöbelhaufen zitterten unter der Peitsche kastrierter marmorner Bischöfe, man gebrauchte weibliche Geschlechte, um Kröten abzuformen.

Mit der Zeit verjüngten die Nonnen wieder, aus ihren ausgetrockneten Schenkeln trieben grüne Zweige hervor, die Inkuben liebäugelten mit ihnen, während die Soldaten an die Klostermauern pissten und die Jahrhunderte in den Wunden der Aussätzigen rumorten.

Aus den Fenstern hingen Trauben verdorrter Nönnlein, die dank eines lauen Frühlingswindes ein liebliches Gebetsgetöse erzeugten.

Ich werde meine Zeche zahlen müssen, Richard Löwenherz, fodido en puto gafo.

An anderer Stelle des Textes heisst es:

Im zwölften: Eine sehr schöne Fotografie des Christuskopfes mit der Dornenkrone, der aber SCHALLEND LACHT.

Im sechzehnten: Wenn man den Fleck öffnet, sieht man in zwei oder drei Metern eine "Verkündung des Fra Angelico", sehr schön eingerahmt und beleuchtet, aber in einem bejammernswerten Zustand: sie ist durch Messerstiche zerfetzt, mit Pech bestricken, das Gesicht der Jungfrau ist sorgfältig mit Exkrementen besudelt, die Augen mit Nadeln ausgestossen, der Himmel trägt mit grossen Buchstaben die Inschrift: NIEDER MIT DER MUTTER DES TÜRKEN.

Im neunzehnten: Hinter dem Fleck ein Modell von mindestens einem Meter im Quadrat; es stellt die Sahara dar unter einem blendenden Licht. Der Sand ist bedeckt mit hunderttausend kleinen Maristen aus Wachs; ihre weissen Schürzen lösen sich auf der Soutane auf. In der Hitze schmelzen die Maristen nach und nach. (Man wird mehrere Millionen Maristen als Reserve benötigen). (Zitiert nach Alice Goetz/Helmut W. Banz: Luis Buñuel - Eine Dokumentation, o. O. 1965, S. 87 ff (Übersetzung leicht korrigiert); daselbst (S. A 82 ff) auch der französische Originaltext.)

Verwandte Motive finden sich in Buñuels zweitem Film L' AGE D' OR. (Drehbuch in Goetz/Banz. a.a.O. S. 96 ff.) Auf Meeresfelsen sitzende Erzbischöfe verwandeln sich in kurzer Zeit in Skelette. Im Jahre 1930 wird der Grundstein zur ewigen Stadt gelegt; während der Zeremonie versucht im Hintergrund ein Paar zu koitieren; der Mörtel auf dem Grundstein hat die Form eines Kothaufens, in dem der Gouverneur mit der Kelle genüsslich herumpatscht. Die Strassen Roms stürzen ein. Der vor Enttäuschung rasende Held wirft von einem Balkon einen Erzbischof in die Tiefe: Schliesslich sehen wir eine als Christus gekleidete Figur als Teilnehmer der "bestialischsten aller Orgien" (Zwischentitel); der am Ende in das Schloss, den Schauplatz der Orgie, zurückgeht, worauf nach wenigen Sekunden aus dem Innern der grelle Schreckensschrei eines Mädchens erschallt.

Sowohl in "Une Girafe" wie auch in L' AGE D' OR verwendet Buñuel diese satanistischen, Gott und die Kirche schmähenden Elemente, um seine surrealistisch formulierte Revolte gegen die herrschenden Mächte, gegen die bestehenden Ordnungen vorzutragen. Sie bekommen wie in der Schwarzen Messe eine zerstörerische Funktion, indem sie der radikalen Bekämpfung dessen dienen, was der menschlichen Freiheit entgegensteht. Da nach Buñuel zu den Vergewaltigern der Freiheit neben Familie, Staat und Kultur auch Gott und die katholische Kirche zählen, liegt es nahe, dass sich der durch den Katholizismus geprägte Buñuel bei der Bekämpfung dieser Mächte der Symbole des Satanismus bedient. Denn Katholizismus und Satanismus bedingen einander als antithetische Momente:

Huysmans bezeichnet in seinem Roman "A Rebours", aus dem Buñuel in seinem Film LE JOURNAL D' UNE FEMME DE CHAMBRE vorlesen lässt, (Siehe Drehbuch, veröffentlicht in der Reihe Cinemathek No. 10. Hamburg 1964, 3. 26 ff (Monsieur Rabour: "Kennen Sie Huysmans? _... Das ist ein vorzüglicher Autor, ich mag ihn sehr.")) den Sadismus als "Bastard des Katholizismus". Er schreibt dazu:

Dieser merkwürdige und nur unzureichend beschriebene Zustand kann in der Tat nicht in der Seele eines Ungläubigen entstehen. Er besteht keineswegs nur darin, dass man sich in sinnlichen Exzessen ergeht, die durch blutige Misshandlungen gesteigert werden. Dann wäre er nämlich weiter nichts als eine Verirrung des Fortpflanzungstriebes, ein Fall von Satyriasis, die ihren Gipfel erreicht hat. Er besteht vor allem in einem Sakrileg, in einer moralischen Empörung, einer geistigen Ausschweifung, einer durchaus ideellen, rein christlichen Verirrung. Es steckt in ihm auch eine durch Angst gedämpfte Lust, die jener bösartigen Befriedigung von Kindern gleicht, welche in ihrem Ungehorsam mit verbotenen Gegenständen nur darum spielen, weil ihnen die Eltern die Berührung ausdrücklich verboten haben _... Die Macht des Sadismus, sein Reiz liegt also allein in dem verbotenen Genuss, dass man die Huldigungen und Gebete, die man Gott schuldig ist, an Satan richtet. Er liegt in der Missachtung der Vorschriften des Katholizismus, welche man geradezu umkehrt. Um nämlich Christus besonders schwer zu beleidigen, begeht man die von ihm mit Nachdruck verurteilten Sünden: die Verunglimpfung des religiösen Kultus und fleischliche Orgien. Im Grunde ist dieser Vorgang, der mit dem Namen des Marquis de Sade verbunden ist, so alt wie die Kirche selbst; er grassierte im 18. Jahrhundert und brachte - um nicht weiter zurückzugehen - durch ein einfaches Phänomen von Atavismus den lästerlichen Hexensabbat des Mittelalters wieder zu Ehren.

Der Held dieses Romans, des Esseintes, sieht im Hexensabbat "alle obszönen Handlungen und Gotteslästerungen des Sadismus". (Alle Zitate nach Praz, a.a.O., S. 214, Der Roman, von Praz als "Grundbuch der Dekadenz" eingestuft (S. 216), erschien 1921 zum letzten Mal in deutsch unter dem Titel "Gegen den Strich".) Katholizismus, Sadismus und Sexualität sind drei Grundelemente des Satanismus.

In diesem von Huysmans beschriebenen Sinne ist der Satanismus bei Buñuel ein Sakrileg, eine geistige Ausschweifung, die aus einer moralischen Empörung gegen die Unterdrückung des Menschen begangen wird - ein befreiender, anarchistischer Akt.

Durch seine Erziehung bei den Jesuiten war Buñuel mit dieser Antithetik seit seiner Jugendzeit vertraut. Aranda berichtet: "Er las die Heilige Schrift, bis er ganze Passagen auswendig konnte _... Er war Vegetarier - wie es die Diät der Bibel vorschreibt; plötzlich fing er an, rohes, gehacktes Fleisch zu verschlingen - nach den Sitten primitiver Völkerstämme. Die religiöse, tief empfundene Beschäftigung und die darauf folgenden Reaktionen sind eine seiner wichtigsten Charakteristika". (J. F. Aranda: Buñuel Espagnol in cinéma 57, No. 23, Der. 57; zitiert nach Goetz/Banz. a.a.O. S. A 2.)

Und: "Als Kind zog sich Luis gern als Priester an und las den kleinen Mädchen die Messe (zweifellos das erste sexuelle Erlebnis, welches viele Knaben haben)." (Aranda - s.o.)

Buñuel erlebter wie die Jesuiten mit satanistischen Praktiken die sexuellen Triebe der Knaben kanalisierten: "indem sie sie nämlich wirklich (das heisst körperlich) in die Jungfrau verliebt machten. So masturbierten die Knaben vor den Statuen der Christmutter, und dachten nicht mehr daran, Mädchen aus Fleisch und Blut nachzulaufen". Nach Kyrou soll diese Methode Buñuel sehr beeindruckt haben. (Ado Kyrou: Luis Buñuel, Coll. Cinéma d' aujourd'hui No. 4, Paris 1962; zitiert nach Goetz/Banz, a.a.O., S. A 3.)

Der Skandal von L' AGE D' OR war so perfekt, dass Buñuel erst zweiundzwanzig Jahre später versuchte, in seinen Filmen jenes satanistische Thema wieder aufzugreifen.

Francisco (in EL) ist ein frommer und keuscher Junggeselle, ein Mann der Gesellschaft, der einen untadeligen Lebenswandel führt und einen Priester zum väterlichen Freund hat. Während der rituellen Fusswaschung am Gründonnerstag fällt sein Blick auf die Beine einer Frau, der er sich dann zu nähern versucht. Das bekannte Motiv, die Kirche als Ort der Anknüpfung erotischer Abenteuer, wird bei Buñuel dadurch differenzierter, dass durch die Kamerabewegung das Erblicken der Füsse in Parallele zum Ritus der Fusswaschung gesetzt wird. Dadurch wird ein Bezug zwischen beiden Handlungen hergestellt, durch den der Ritus als eine erotische Handlung erscheint. Andererseits ist die Einführung der Frau durch ihre Füsse - was auch in anderen Filmen Buñuels oft der Fall ist - ein Hinweis auf ein gestörtes Verhältnis zur Sexualität, und zwar hier von Francisco. (Während eines Essens fällt ihm ein Gegenstand auf die Erde. Er bückt sich, um ihn aufzuheben, sieht die Beine seiner Frau und bemerkt daraufhin: "Du bist schön.") Zwar gelingt es Francisco, die Frau zu heiraten, aber im Verlauf der Ehe steigert er sich immer mehr in eine Eifersuchtshysterie, die dadurch, dass er selbst Situationen schafft, die seiner Eifersucht förderlich sind, nicht einer gewissen masochistischen Komponente entbehrt. Es scheint, als wolle Francisco auf diese Weise die Tatsache kompensieren, dass er nie eine andere Frau besessen hat, als wolle er deswegen seine Frau leiden lassen. Höhepunkt seiner Eifersuchtsanfälle ist jene Nacht, in der er vergebens versucht, seine Frau zuzunähen. Die Eifersucht mündet schliesslich im Wahnsinn. Nachdem ihn seine Frau verlassen hat, geht er auf der Suche nach ihr in jene Kirche, in der er sie kennengelernt hat. Die dort zelebrierte Messe erlebt er wechselnd als Normaler und als Wahnsinniger, wenn er sieht, wie ihn die Gläubigen auslachen, der Priester ihn ansieht und schelmisch die rechte Hand bewegt, als wolle er sagen: "Du bist ja ein ganz Schlimmer", und die Messdiener mit den Fingern an die Stirn tippen und ihm "den Vogel zeigen". Als Geisteskranker findet er Aufnahme in einem Kloster und wird Mönch.

Die strenge katholische Morallehre, vor allem ihre Tabuierung des Sexuellen, die Francisco geprägt hat, hat bei, ihm eine Störung des sexuellen Bereichs bewirkt, die ihn unfähig macht, sich mit der Realität auseinanderzusetzen. Durch die Beziehung zu der Frau wird diese Störung in einer schweren Neurose akut. Dabei gelingt es ihm nicht, sich aus den Fallstricken der katholischen Moral zu befreien. Zwar erlebt er am Ende die Messe zum Teil als "andere Messe", die, wenn auch von Buñuel vorsichtig formuliert, Ansätze zur Schwarzen Messe zeigt, aber dieses Erleben hat für ihn keine befreiende Wirkung mehr, weil er sie bereits als Geisteskranker erlebt. So wird Francisco, indem er nichts weiter tut, als sich zu verheiraten, infolge der ihn; gelehrten erdrückenden und lebensfeindlichen katholischen Moralvorstellungen, die zugleich die des Bürgertums sind, zu einem Neurotiker und schliesslich zu einem Geisteskranken, dem es nicht gelingt, sich durch einen, satanistischen Akt zu befreien.

NAZARIN ist durchsetzt von satanistischen Elementen. Pater Nazario gerät mit dem Versuch, die Lehre Christi nachzuleben, in Konflikt mit seiner kirchlichen Obrigkeit, in Konflikt mit seiner sozialen Umwelt und schliesslich in Konflikt mit sich selbst. Der erste Teil des Films, der uns den Nazario in Soutane vorstellt, beinhaltet bereits die Elemente] die zur Katastrophe führen werden. Die Umgebung, in der Nazario lebt, zeichnet sich nicht nur durch ihre erschreckende Armut aus, sie ist auch voll geistlicher Gefahren, zu der die Selbstsicherheit und die fast schon arrogante Selbstzufriedenheit, mit der Nazario seine Lehren kündet - die Bewegungen seiner Hände verraten ihn mehr als seine Worte - merkwürdig kontrastieren. Schon hier scheint die geistliche Unschuld des Paters aufs schwerste gefährdet. Da erscheinen an seinem Fenster Andara und die übrigen Prostituierten, um ihn zu schmähen: "Bei Ihnen, Don Dominus Fopisskum, bleiben ja nicht einmal die Wanzen in den Röcken!" - "Das heilige Grabmal der Elftausend Jungfrauen, das hat Ihnen die Chona gestohlen. Waschen Sie sich Ihren Rüssel mit Seifenlauge, ehe Sie über anständige Leute reden!" (Vgl. das in Spectaculum, Texte moderner Filme 2, Frankfurt 1964 abgedruckte Drehbuch. S. 94.) Später hat Andara in Nazarios Zimmer die Fibervision eines lachenden Christus, sie trinkt den aus ihrer Wunde gewaschenen Unrat und fragt Pater Nazario unter anderem: "Was hat es denn damit auf sich, dass man auf die Welt kommt, und warum kriechen die Küken aus dem Ei und sehen genau aus wie die Glucken? Und warum bringen drei Geier Unglück und zwei Geier Glück?" (Spectaculum S.111) Schliesslich setzt sie das Zimmer in Brand, wobei sie die Figur des heiligen Antonius ins Feuer rückt, da er ihr nicht geholfen hat. Beatriz hat, als Pinto, ihr Geliebter, sie verlassen hat eine Vision, in der sie Pinto in die Lippen beisst, bis das Blut an den Mundwinkeln herabläuft, während sie dazu unheimlich lacht - eine vampiristische Handlung. Anschliessend sieht man sie, wie sie sich in Konvulsionen auf der Erde bewegt. Zwar mag man die Konvulsionen psychologisch leicht erklären können, doch sind sie andererseits ein Bild dafür, dass eine Frau von satanischen Gestalten, den Inkuben, besessen ist.

Ausgerechnet diese beiden Frauen, die "Hexe" und die "Besessene", werden später seine Jüngerinnen, nachdem er mit der "Heilung" des Kindes ein "Wunder" vollbracht hat. Diese Wunderheilung erscheint als eine Parodie auf jene, von denen die Bibel berichtet. Denn ausser dem Namen Jesus erinnert nichts daran, dass sich eine christliche Handlung vollzieht. Das ganze ist eine heidnisch-magische Beschwörung, durch die die guten Geister gezwungen werden sollen, die bösen Geister im Körper des Kindes zu vertreiben. Bezeichnend dafür ist, wie sich Andara heftig und monoton auf die Brust schlägt und unaufhörlich die Worte "Jesus, Jesus, Jesus _..." ruft. Das magische Rituell endet in einer umgreifenden Hysterie der Frauen, der Nazario hilflos und verständnislos gegenübersteht.

Die Paradoxie, dass er aufgrund dieser magischen Heilung im Ansehen der ihm nun folgenden Frauen zum Heiligen geworden ist, dass dies der Grund ihrer Jüngerschaft ist, vermag er in seiner Unschuld sowenig zu durchschauen wie im sozialen Bereich die Konsequenzen, die sich aus seinem Verhalten bei den Bauarbeitern ergeben. So sind es diese beiden Vertreterinnen eines satanistischen Elements, die ihm folgen, während die Kirche ihn als Ketzer betrachtet und die übrigen, Pinto und der Zwerg Ujo, ihn entweder nicht beachten oder in ihm nur den Menschen sehen.

Die entscheidende Wandlung tritt bei Nazario schliesslich nach dem Gespräch im Gefängnis mit dem Kirchenräuber ein, der zu ihm, nachdem Nazario ihn gefragt hat, ob er sein Leben ändern wolle, sagt: "Sehen Sie mal _... Ich tue nur Böses _... aber _... immerhin _... Wozu nützt denn Ihr Leben? _... Sie sind für das Gute geschaffen und ich für das Böse _... nein, wir sind beide nichts nütze _..." (Spectaculum, S. 165. Der Dualismus gut-böse spielt auch in ROBINSON CRUSOE eine Rolle. Buñuel lässt Robinson, der seine Lage als Strafe für den Ungehorsam seinem Vater gegenüber versteht (Traumszene), ohne Erfolg nach der Herkunft des Bösen fragen. - Der Film enthält u. a. folgende treffliche Metapher: Aus Verzweiflung über seine Einsamkeit schreit Robinson eine Stelle des 49. Psalms in eine Schlucht; von der gegenüberliegenden Felswand trägt das Echo ihm die eigenen Worte zurück. - Gott als Echo des in die Einsamkeit schreienden Menschen.)

Die Veränderung, die dieses Gespräch bei Nazario bewirkt, ist evident: von diesem Augenblick an spricht er nicht mehr und bewegt nicht mehr seine Hände. Der Zweifel an seinen überschaubaren Kategorien von Gut und Böse und damit der Zweifel an seinem Leben haben ihn verstummen lassen. Andara, um die er sich noch kurz zuvor so bemüht hat, schenkt er keine Beachtung mehr, während Beatriz im Wagen Pintos an ihm vorbeifährt, ohne ihn zu bemerken; sie lehnt zufrieden an der Schulter ihres Geliebten. Wenn schliesslich Nazario in der Ananasszene erfährt, dass in der Geste der Bäuerin mehr Liebe, mehr Menschlichkeit und mehr Nützlichkeit liegt als in seinem ganzen bisherigen Leben, ist seine Erschütterung radikal. (Diese Schlüsselszene fehlt in dem in Spectaculum abgedruckten Drehbuch. Auch an anderen Stellen erweist sich das Drehbuch als unzuverlässig.) Während er schluchzend weitergeht, dröhnen unerbittlich die Trommeln und scheinen die Möglichkeit einer "Auferstehung" anzudeuten, die nicht zu Gott, sondern zu den Menschen führt.

Verstärkt und weniger verschlüsselt als in NAZARIN tritt die Funktion des Satanismus in VIRIDIANA zu Tage. Ähnlich wie Nazario ist auch Viridiana ständig von Gefahren umlauert, die hier besonders auf sexuellem Gebiet liegen. (Das Verhältnis der Geistlichen zum Sexuellen ist stets delikater Natur gewesen. Sowohl Pater Lizardi in LA MORT EN CE JARDIN als auch Pater Nazario wird der Verdacht, sich mit Prostituierten abgegeben zu haben, zum Verhängnis. Andererseits gehört die Schändung von Nonnen ebenso zum Repertoire der Satanisten wie die Schändung der Hostie. So möchte Don Jaime gerne mit seiner Nichte Viridiana schlafen. Archibaldo, der Held in ENSAYO DE UN CRIMEN, dessen Erfüllung des Liebesverlangens in der Ermordung der Geliebten gipfelt - Mord als höchste Liebeslust -, will eine Nonne erdolchen, die er liebt. (In einer anderen Vision sieht er sich als Bräutigam, der seine Braut bittet, vor dem Bild der Gottesmutter niederzuknien und zu beten; während Ihres Ave Maria zieht er die Pistole und erschiesst seine Braut zu Orgelklängen.) In dem Roman "Ambrisio, the Monk" von Matthew Gregory Lewis (dt. Der Mönch, München 1965 - dtv), den Buñuel vor einigen Jahren verfilmen wollte, wird ein Mönch durch Satan, der sich in Gestalt eines schönen Mädchens ins Kloster geschlichen hat, zu einem sexuell ausschweifenden Leben und zum Morden verführt; am Ende verschreibt er sich Satan.)

Zwar hat sie sich im ersten Teil des Films dem Werben ihres Onkels entziehen können, doch sein Selbstmord hinterlässt bei ihr einen Schuldkomplex - der Film lässt offen, ob Don Jaime ihn durch seine Tat bewusst herbeigeführt hat -, der sie nicht mehr ins Kloster zurückkehren lässt. Wie Nazario, so versucht auch Viridiana ausserhalb der kirchlichen Organisation ein christgemässes Leben zu führen, indem sie die Bettler auf das Gut holt, sich um sie sorgt und sie zu einem nützlichen und frommen Leben erziehen Will. Ihr Wirken scheint auch anfangs Erfolg zu versprechen. Doch in Wahrheit sind gleich zu Beginn schon die Ursachen für ihr Scheitern sichtbar. Bereits die erste Abendmahlsszene zeigt die beiden grundverschiedenen Verhaltensweisen der Bettler: ihre übliche, natürliche, wenn Viridiana abwesend ist, und die von ihr geförderte in ihrer Gegenwart, wobei sich die geforderte als verlogen und heuchlerisch erweist, die aus reinem Opportunismus angenommen wird. Das nur mühsam unterdrückte Aufflackern der verdrängten Verhaltensweisen explodiert schliesslich in jenem Augenblick zur Orgie, in dem Viridiana als Kontrollinstanz für eine bestimmte Zeit ausfällt. Für die Bettler ist die Orgie ein Akt der Auflehnung, eine ungezügelte, anarchistische Befreiungsaktion von der bevormundenden Herrschaft Viridianas, wobei besonders der Tanz der Bettler die Vision einer vollkommenen Freiheit vermittelt. Doch neben dieser psychologisch-realistischen Ebene macht Buñuel eine theologisch-symbolische sichtbar, indem er die Orgie in ein christliches Bezugssystem stellt. Wie beim Abendmahl Jesu und seiner Jünger werden zwei Lämmer geschlachtet; die Bettler gruppieren steh in der Weise, wie Leonardo da Vinci sie beim Abendmahl dargestellt hat; die Bettlerin Enedina streckt der Gruppe ihren entblössten Unterleib entgegen, um das Abendmahl mit ihrem "Apparat" zu fotografieren (Diese Einstellung fehlt in der deutschen Fassung des Films.); dabei fährt die Kamera auf Christus-Amalio zu, und ein Hahn kräht. (Die Angaben im Drehbuch (erschienen in der Reihe Cinemathek No. 4. Hamburg 1962. S. 76), in der Originalfassung krähe der Hahn dreimal, trifft nicht zu. Der Unterschied: In der Originalfassung kräht ein Hahn einmal, in der deutschen Fassung wird das Krähen von einer menschlichen Stimme imitiert.) Das Essen wird zu einem "Schwarzen Abendmahl", die Orgie zu einem satanistischen Akt, bei dem die Bettler zu dem "Hallelujah" von Händel einen Fandango tanzen. (Die Tanzszene ist in der deutschen Fassung stark gekürzt. Auch diese Angabe fehlt im Drehbuch (S. 77) wie ferner einige Dialogstellen, die im Film enthalten sind. Die dt. Fassung des Films ist nicht nur an einigen Stellen gekürzt, auch die Synchronisation hat - absichtlich (?) - Dialoge "entschärft" und zum Teil gar verfälscht.)

So hat denn auch die Vergewaltigung Viridianas durch den hinkenden Bettler zugleich die Bedeutung des Aufeinanderprallens jener beiden antithetischen Elemente, des christlichen und des satanistischen. Denn der Bettler hat für den Zuschauer durch die vorangegangene Orgie eine satanistische Qualität bekommen. (Durch sein Hinken erinnert er schon äusserlich an eine christliche Vorstellung Satans.) Die Vergewaltigung, durch die leitmotivische Verwendung des Springseils als Symbol für sexuelle Erfüllung bereits zu Beginn des zweiten Teils des Films angekündigt, ist nicht nur ein sexueller Notzuchtsakt, sondern die Überwältigung des christlichen Elements (Viridiana) durch ein satanistisches (Bettler).

Der Schock der Vergewaltigung hinterlässt bei Viridiana ein Trauma, von dem sie sich bis zum Ende des Films nicht erholt. Ähnlich wie Nazario nach dem Erlebnis im Gefängnis verstummt sie und bewegt sich nur noch starr und mechanisch. Sie verbrennt die Zeichen ihrer Christlichkeit und geht zu Jorge. Hier wird die Möglichkeit ihrer Befreiung aus dem Christlichen, ihre Hinwendung zum Leben angedeutet, was Buñuel noch dadurch prononciert, dass er zum erstenmal nicht eine geistliche Musik - Mozarts "Requiem" oder Händels "Hallelujah" - verwendet, sondern einen Schlager. Ob Viridiana diese Möglichkeit auch zu realisieren vermag, lässt der Film allerdings offen.

Erlebten Nazario und Viridiana Satanistisches, indem dieses von aussen auf sie einwirkte und ihre Erfahrungen erschütterte, so wird in SIMON DEL DESIERTO der Konflikt weitgehend in das Innere der Person verlegt. Simon sitzt auf einer Säule und will dort in Kontemplation sein Leben verbringen. In den Augen der Pilger ist er ein Heiliger, von dem sie ein Wunder erwarten. Doch in vielfältiger Gestalt tritt Satan an ihn heran, etwa in der Tarnung eines jungen, unschuldigen Mädchens oder in der des "Guten Hirten". Visionen plagen ihn, lassen seine blasphemischen und sexuellen, seine satanistischen Triebe Gestalt annehmen. Schliesslich wird er von einer Frau in einen Nachtclub in Greenwich Village geführt, und ähnlich wie Viridiana sehen wir ihn am Ende in einer "weltlichen" Gesellschaft sitzen, während ein Schlager zu hören ist.

Auch in seinem letzten Film, BELLE DE JOUR, in dem Buñuel die ihm liebgewordenen Themen Revue passieren lässt, gibt es Anspielungen auf Satanistisches. Severine, die Heldin, erinnert sich auf dem Weg ins Bordell daran, wie sie als Kind die Hostie verweigert hat. In einem Gartenrestaurant, unter dessen Gäste sich Buñuel selbst gemischt hat, fordert sie ein Herzog, der von der Sonne als der "schwarzen Sonne" spricht, auf, an einer "sehr gefühlvollen religiösen Zeremonie" teilzunehmen. Nackt, nur mit einem schwarzen Schleier umhüllt, im Haar einen Kranz weisser Blüten, schreitet sie durch die Flure des Schlosses, während draussen Blitze zucken und Donner grollen. Sie wird in einen Sarg gebettet, an dem der Herzog den Tod der Geliebten beweint und dann langsam unter den Sarg rutscht, der unter seinen, des Grafen, heftigen Bewegungen zu schwanken beginnt. (Die Szene erinnert an den Schluss von CUMBRES BARRASCOSAS: Alexandro schreit nach dem Tod Catalinas, seiner Geliebten, zu Gott, er möge ihn zur Hölle schicken, wo sie sicher sein werde. Von seinem Bruder Ricardo tödlich verwundet, schleppt er sich zum Grab Catalinas, um mit ihr zu schlafen. Dazu erklingt Musik aus Wagners "Tristen und Isolde".)

Hatte der Satanismus in den ersten Werken Buñuels, in dem Text "Une Girafe" und in dem Film L' AGE D' OR, nur eine eindeutig zerstörerische Funktion, so erhält er in seinen letzten Filmen, in NAZARIN, VIRIDIANA und SIMON DEL DESIERTO, darüberhinaus eine kompensatorische Funktion. Er dient dazu, die vom Christentum vorgenommene willkürliche Zerreissung des Menschen in einen guten und einen bösen Teil zu überwinden, die Ganzheit des Menschen wiederherzustellen. "Es braucht nicht viel analytischen Scharfsinns, um zu erraten, dass Gott und Teufel ursprünglich identisch waren, eine einzige Gestalt, die später in zwei mit entgegengesetzten Eigenschaften zerlegt wurde. In den Urzeiten der Religionen trug Gott selbst noch alle die schreckenden Züge, die in der Folge in einem Gegenstück von ihm vereinigt wurden. Es ist der wohlbekannte Vorgang der Zerlegung einer Vorstellung mit gegensinnigem - ambivalentem - Inhalt in zwei scharf kontrastierende Gegensätze." So schrieb 1923 Sigmund Freud. (Eine Teufelsneurose im siebzehnten Jahrhundert in Ges. Werke Bd. XIII, London 1955, S. 315 ff.)

Um diese verlorengegangene Ganzheit wiederzuerlangen, bedarf es bei der starken Fixierung der buñuelschen Gestalten Nazario, Viridiana, Simon und in gewisser Weise auch Francisco an die christliche Welt jener schockartig empfundenen Berührung mit dem satanistischen Gegenpol. So erhält der Satanismus bei Buñuel eine therapeutische Qualität im Prozess der "Heilung von Gott".       Hans Peter Kochenrath
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Gespräch mit Luis Buñuel

Fr: Sie haben immer Filme mit kleinen Budgets gemacht. Hätte nicht mancher Film gewonnen, wenn er mit höheren Kosten gedreht worden wäre?

Bu: Wenn ich in einem Szenario lese: "Das kleine Schiff gleitet auf den Wellen dahin, Wind und Unwetter kommen näher", dann verzichte ich auf "Wind" und "Unwetter" genauso wie auf alles andere, was für die Dreharbeiten technische Komplikationen mit sich bringt. Mein Ideal wäre, eine Geschichte mit nur vier oder fünf Personen zu erzählen _... Überschwemmungen oder Römerkämpfe sind nichts für mich, und ich habe mir nie gewünscht, einen Film mit grossem Budget zu drehen. Allerdings muss ich doch hinzufügen, dass mir für einige meiner Filme nicht die adäquaten technischen Mittel zur Verfügung standen. Das war der Fall bei SIMON DEL DESIERTO, wo ich wegen fehlender Mittel auf verschiedene Spezialeffekte verzichten musste; die mexikanischen Studios sind zwar in ansehnlichen Gebäuden untergebracht, aber in bezug auf die technischen Einrichtungen fünfundzwanzig Jahre zurück. Man konnte schon von Glück sagen, dass bei den Dreharbeiten zu SIMON ein Kran zur Verfügung stand; er war unentbehrlich für die Aufnahme der Unterhaltungen zwischen Simon, der unbeweglich auf seiner Säule stand, und den Leuten, die ihn von unten ansprechen, er war auch nötig, um dem Teufel folgen zu können, der ja in ständiger Bewegung ist. Was ich brauche, ist eine Kamera, die immer in Bewegung ist (natürlich handelt es sich hier nicht um ein absolutes Prinzip), weil ich an die hypnotische Wirkung eines Bildes in Bewegung glaube. Ich bezeichne das als "Einschläfern des Zuschauers".

Fr: Warum ist SIMON DEL DESIERTO nur vierzig Minuten lang?

Bu: SIMON ist vor allem ein Dokumentarfilm über einen Einsiedler. Im Orient - und zwar bis ins 14. Jahrhundert hinein - treten Hunderte von Säulenheiligen auf, Der heilige Simon war der erste. Meiner heisst nur Simon, denn es handelt sich nicht um diesen Heiligen, sondern um irgendeinen dieser vielen Säulenheiligen. Viele konnten es nicht bis zum Schluss aushallen und verliessen ihre Säule; sie wurden von den Versuchungen besiegt, vom Blitz erschlagen oder von den Wellen weggeschwemmt. Diese Säulenheiligen gab es zu Hunderten fast in der ganzen Welt, in Russland, in Europa, in Afrika. Sie ernährten sich nur von Wasser und Salatblättern, die ihnen von Zeit zu Zeit gebracht wurden.

Als der Film in Venedig lief, beschuldigten mich einige spanische Kritiker der Blasphemie, ich glaube, dass sie sich irren. Aber wie immer unterstellt man mir Intentionen, die ich nicht gehabt habe. Was ich auch tue, immer wird nach einem dunklen Fleck gesucht. Der Film ist, wie ein Dokumentarfilm, nach Texten von Delahaye und Pater Fostugieres gedreht, eines Dominikaners, der die griechischen und lateinischen Originale ins Französische übersetzte. Alles wurde mit dem grössten Respekt behandelt, von Blasphemie kann überhaupt nicht die Rede sein. Man hat mir vorgeworfen, dass ich Silvia Pinal angezogen zeige wie Christus, mit einem Bart, und sie einem Lamm Fusstritte versetzen lasse. Aber sie ist die Inkarnation des Teufels, und es heisst, dass man in der Frühzeit des Christentums glaubte, der Teufel nehme bei seinen Erscheinungen die Gestalt Christi an. Bei ihrer Erscheinung trägt Silvia Final ein Lamm wie der Gute Hirte auf der Freske von Gala Placicia in Ravenna. Solange Simon keinen Verdacht schöpft, geschieht nichts. Aber als sie ihm versichert, er müsse dem Leib volle Befriedigung gewähren, damit der Geist sich ganz Gott hingeben könne, entdeckt Simon die Häresie und ruft aus: "Vade retro." In diesem Augenblick benimmt sie sich wie der Satan, beleidigt den Mönch, wirft das Lamm zu Boden und versetzt ihm einen Tritt. Man hat mir auch die Segnungen vorgeworfen, die Simon vornimmt. Wenn er eine Grille segnet, eine Wolke und alles, was er sieht, dann deshalb, weil er in diesem Augenblick glücklich ist. Er sagt einmal: "Ich weiss nicht, was ich noch segnen soll. Was könnte ich noch segnen? Segnen macht Spass und tut niemandem weh." Aber er besinnt sich und fügt hinzu: "Mein Gott, vergib mir. Was sage ich denn da?" Ich frage mich, was daran Blasphemie sein soll.

Ich selbst war am meisten über den Skandal von VIRIDIANA erstaunt; ich wollte nicht provozieren. Um so weniger, als die Menschen heute nicht zu erschüttern sind. Breton sagte mir vor kurzem: "Niemand wundert sich mehr."

Ich glaube mich nicht zu irren, wenn ich versichere, dass niemals und in keinem Land die Zensur auch nur einen Meter meiner Filme geschnitten hat. Aber es gibt immer irgendwelche Details in den Filmen, die solche Angriffe möglich machen. Manchmal nehme ich diese Details aus dem Leben. Etwa in EL ANGEL EXTERMINADOR, wo die Krebskranke dem Arzt sagt, wenn sie wieder aus dem Raum hinaus könnte, würde sie nach Lourdes fahren, wo sie eine "abwaschbare Plastikmadonna kaufen würde. Ja, diese Madonnen werden in Lourdes unter dieser Bezeichnung verkauft. Zu Hause in Mexiko habe ich selbst so eine.

Dass SIMON nur vierzig Minuten lang ist, liegt einmal an den finanziellen Problemen, zum anderen aber auch daran, dass eine lineare Geschichte, um die es sich hier handelt, ohne weiteres da aufhören kann, wo sie aufhört. Im zweiten Teil, den ich nicht drehen werde, wurde Simon, nachdem er in einem new yorker "Surfclub" versetzt worden war, von Satan in seine Epoche zurückversetzt. Er starb im Stand der Todsünde, weil er den Versuchungen des Fleisches nachgegeben hatte. Wenn mein Produzent damit einverstanden gewesen wäre, den Film nicht in Venedig zu zeigen, hätte ich ihn beendet. Aber nun ist es geschehen und die Gelegenheit verpasst.

Fr: War nicht die Rede davon, den Film zu vervollständigen, indem man ihm einen von jemand anders gedrehten zweiten Flügel hinzufügte?

Bu: Ja. Der Produzent möchte einen Film hinzufügen, der eine umfassende Vision einer ähnlichen Welt darstellt, um auf normale Spielfilmlänge zu kommen. Man ist an Kubrick herangetreten. Ich wusste nicht, dass - wie Sie mir jetzt gesagt haben - auch mit Welles Verbindung wegen der Realisation dieses zweiten Teils aufgenommen worden ist. Auch an De Sica ist man herangetreten. Der einzige, den ich für fähig halte, etwas zu machen, das SIMON vervollständigen könnte, ist Fellini.

Fr: Sie haben von finanziellen Problemen gesprochen. Gab es Beschränkungen, die Ihnen durch die Produktion auferlegt waren?

Bu: Ja. Es gibt mehrmals falsche Anschlüsse am Himmel; in einer Szene sieht man einmal einen klaren Himmel, einmal Wolken. Selbst wenn man es Dank der Sorgfalt des Kopierwerks kaum bemerkt, liess sich natürlich keine Einheitlichkeit erzielen. Für die Pilgerfahrt brauchte ich fünfhundert Statisten, zur Verfügung standen mir nur achtzig, meistenteils Indianer, während ich Syrer brauchte; ich musste sie weit entfernt von der Kamera aufstellen, damit man ihre Rasse nicht erkennt. Ich war überall auf Täuschungsmanöver angewiesen, um den Pilgerzug umfangreicher erscheinen zu lassen. Ich habe den Film in achtzehn Tagen gedreht.

Ich bestehe darauf, dass es sich um einen Dokumentarfilm handelt. In dem Film kommt ein Wunder vor: ein Bauer bittet darum, dass ihm Hände anstelle seiner Stümpfe wachsen, er zeigt seine amputierten Arme, und Simon sagt: "Bete in der Stille", und tatsächlich wachsen ihm wieder Hände. Um ihn herum gehen die Leute weiter ihren Beschäftigungen nach, ohne dem Ereignis Bedeutung beizumessen. Es scheint, als sei nichts geschehen, als messe niemand dem Wunder Bedeutung bei. Auch das wirft man mir vor. Warum?

Fr: Wie schreiben Sie Ihre Drehbücher?

Bu: Ich brauche immer einen Mitarbeiter. Wenn ich allein arbeite, brauche ich drei Tage für eine Szene, die nach einem Gepräch mit einem Schriftsteller, der mit mir zusammenarbeitet, in drei Stunden fertig wäre. Aber ich bin bei jedem Schritt selbst dabei, denn es ist schliesslich mein Film. Wenn ich für - andere schriebe, würde ich mich ihrer Arbeitsweise unterordnen. Auch wenn unter dem Drehbuch nicht mein Name steht, habe ich daran mitgearbeitet, auch bei meinen misslungenen Filmen. Es fällt mir nicht schwer, am Drehbuch mitzuarbeiten, denn fast immer stammt die Geschichte von mir. EL ANGEL EXTERMINADOR habe ich allein geschrieben, aber ich brauchte vier Monate, um die dramatische Kontinuität herzustellen. Der Inhalt setzt sich aus drei Kurzgeschichten zusammen, die ich einige Jahre zuvor zusammen mit Alcoriza geschrieben hatte.

Ich numeriere die Einstellungen im Drehbuch, aber nur, um den Arbeitsplan zu erleichtern.

Ich habe oft mit Schriftstellern zusammengearbeitet, vielleicht mit zwanzig, oder dreissig. Alcoriza, Julio Alejandro, Carriere, Queneau _... Ich bin faul und immer für möglichst geringe Anstrengungen.

Wenn ich ein Drehbuch schreibe, geht es mir vor allem darum, etwas zu erzählen und zwar klar. An Drehtagen stehe ich, morgens um sechs Uhr auf und bereite die Szenen vor, die an diesem Tag gedreht werden sollen.

Fr: Welches sind die Vorarbeiten für ein Drehbuch?

Bu: Wenn nötig, betreibe ich so ausführliche Vorstudien wie möglich. Meine Schwäche für EL beruht auf der minutiösen Vorbereitung und der Authentizität, die sich daraus ergibt. Im St.-Annen-Krankenhaus in Paris wurde der Film jedes Jahr als Beispiel einer typischen Paranoia vorgeführt. Ich habe von Anfang an Kontakt mit diesem Milieu gehabt; Freud interessierte sich für UN CHIEN ANDALOU, und Jung hielt seinen Autor für einen Verrückten. Auch für LAS HURDES habe ich viele Vorstudien gemacht. Der Film nannte andere noch im Neolithikum befindliche Gegenden in Europa: in Frankreich (Savoyen), in der Tschechoslowakei usw. Da Savoyen eine Fremdenverkehrsgegend ist, gab es einige Aufregung, und der Film wurde verboten. In der Gegend von Las Hurdes habe ich keine einzige Zeichnung gefunden, kein Lied, keine Feuerwaffe; sie backten nicht einmal Brot. Das waren fast neolithische Zustände, ohne eine Folklore oder die Manifestation irgendeiner künstlerischen Betätigung. Ihr einziges Gerät war der Spaten.

Zur Vorbereitung von SIMON habe ich zahlreiche Texte über das Klosterleben gelesen. Dort ist einmal die Rede von einem westgotischen Mönch, dem auferlegt wurde, sich selbst zwanzig Peitschenhiebe zu verabreichen, weil er sich beim Essen verspätet hatte: "Viginti flagela".

Fr: Können Sie Latein? Bestand nicht die Absicht, für SIMON Latein zu verwenden?

Bu: Ich hatte vor, ihn in Latein zu drehen, aber das entsprach letzten Endes nicht der historischen Wahrheit; die meisten Mönche sprachen nur syrisch und waren Analphabeten. Ich habe Latein in der Szene beibehalten, wo der Teufel Simon ein Lied von Catull vorsingt.

Fr: Haben Sie jene gekannt, die man in Spanien die "Generation von 98" nennt?

Bu: Ja, ich kannte Unamuno, Ortega _... Aber das war die Generation vor meiner. Ich gehörte zur Gruppe Dali, Garcia Lorca, Chabas Barrade _... Juan Ramon Jimenez habe ich sehr gut gekannt. Ich hatte einen Vortrag über den Avangardefilm gehalten und einige Filme wie RIEN QUE LES HEURES von Cavalcanti und ENTR'ACTE von René Clair gezeigt. Das war für die Intellektuellen, die den Film für eine minderwertige Kunstgattung hielten, eine Entdeckung. Juan Ramon interessierte sich sehr dafür. Das erinnert mich an eine Geschichte, bei der Dali und ich eine schlechte Figur machten. Von Cadaques aus schrieben wir einen schrecklichen Brief an Ramon: "Wir haben Ihr übles Werk ,Platero und ich' gelesen. Wir halten es für das Gegenteil dessen, was wir unter Poesie verstehen. Weil wir die Tiere lieben, finden wir ihre Vermenschlichung in ,Platero' monströs. Was soll das heissen, dass er so oder so guckt, als ob es sich um eine Person handele? Das ist widerwärtig!" Unser Brief war richtig ausfallend, und als wir nach Madrid kamen, grüssten uns Ramons Freunde nicht. Wir erfuhren später, dass Juan Ramon, der ein Einzelgänger war, wegen unseres Briefes drei Tage lang krank gewesen sei.

UN CHIEN ANDALOU war ein Avantgardefilm, er hatte nichts mit der damaligen Avantgarde gemein, weder den Hintergrund, noch die Form.

Fr: Trugen die Jahre Ihrer Freundschaft mit Lorca dazu bei, Spanien besser kennenzulernen?

Bu: Ich reise nicht gern; jeder unbekannte Ort beunruhigt mich. Ich kehre lieber dahin zurück, wo ich mich schon auskenne. Für mich gleicht sich alles: London, New York, Moskau, Paris. Andalusien kenne ich überhaupt nicht. Ich kenne nur Kastilien und Aragon. Kastilien gefällt mir besser.

Fr: Würden Sie Andalusien nicht gern kennenlernen?

Bu: Weder Andalusien noch einen anderen Teil der Welt. Zum Glücklichsein genügt mir ein Eichenwald. Und ohne meine Filme würde ich noch nicht einmal Mexiko kennen. Ich kenne übrigens nur die Stellen, wo ich gedreht habe. Neben der schrecklichen ausgetrockneten Wüste, die man auf der Leinwand sieht, habe ich immer ein gutes Hotel gefunden. Fünf Minuten entfernt von dem Wald, den ich im Film zeige, gibt es klimatisierte Räumlichkeiten. Ich mag immer weniger mit einem Heer von Leuten unterwegs sein, wie es der Film verlangt. Ich versuche immer mehr, in einer angenehmen Umgebung und ohne grosse Umstände zu arbeiten.

Fr: Ihr gegenwärtiges Leben wirkt sehr methodisch und geordnet: war das immer so? Was gefällt Ihnen? Worin besteht der Müssiggang, den Sie in letzter Zeit als so überaus wichtig rühmen?

Bu: Auf solche unbestimmten Fragen kann ich auch nur unzusammenhängend antworten. Ich war immer ein Frühaufsteher. Schon zu der Zeit, als ich noch im Studentenheim wohnte, stand ich auf, wenn die Nachtschwärmer sich schlafenlegten. Ich bin sehr methodisch, und ich glaube, auch ein guter Organisator, wenn es sich um eine Filmproduktion handelt.

Zu Hause habe ich viele Schusswaffen, deren Kugeln ich selbst mache. Nach L' AGE D' OR habe ich manchmal geglaubt, meine Karriere als Regisseur wäre zu Ende.

Ich lese weniger als früher, aber ich lese. Nur wähle ich jetzt mehr aus. Für das Kino gilt dasselbe: ich gehe sehr selten - acht- oder zehnmal im Jahr, aber ich bin immer zufrieden, denn wenn ich gehe, will ich einen ganz bestimmten Film sehen, von dem ich aufgrund von Empfehlungen annehmen muss, dass es sich um etwas wirklich Lohnendes handelt.

Fellini ist einer der Regisseure, die ich am meisten mag: er ergreift mich zutiefst. Aber "8 1/2" habe ich nicht ganz verstanden. Ich möchte ihn unter idealen Bedingungen noch einmal sehen, allein, mit Untertiteln und bis zum Schluss. Bei den fünf Rollen, die ich ertragen habe, gefiel mir die phantastische Seite nicht. Die Geschichte mit der dicken Frau und den Kindern bezieht ihre Wirkung aus einem zu simplen Kontrast. LA STRADA und CABIRIA haben mir sehr gut gefallen, vor allem wegen der Schlussszenen. Ich mag auch LA DOLCE VITA; nach der Szene mit dem Wunder wollte ich gehen, aber es gelang mir nicht, weil das Kino überfüllt war. Ich bin froh, dass ich geblieben bin; der Film war aussergewöhnlich. Ich weiss nicht, ob ich nach SIMON noch Filme machen werde; es interessiert mich nichts mehr, und ich glaube, dass ich auch nichts mehr zu sagen habe. Trotzdem hätte ich gern noch eine Sache auf die Leinwand gebracht, nämlich die Erzählung von Dino Buzzati, die in einer sechsstöckigen Klinik spielt; ein bisschen kafkaesk, ein bisschen auf der Linie von EL ANGEL EXTERMINADOR: ein Mann, der lediglich unter Kopfschmerzen leidet, wird in eine grosse Klinik eingeliefert. Man legt ihn in das sechste Stockwerk, und unter dem Zwang des Mechanismus gelingt es ihm nicht mehr, die Klinik zu verlassen, obgleich er dazu berechtigt wäre. Jedesmal, wenn man ihn in die nächsttiefere Etage transportiert, weiss er, dass sich sein Zustand weiter verschlechtert hat. Das Erdgeschoss nimmt nur die Toten vor ihrer Überführung auf den Friedhof auf. Es handelt sich um eine aussergewöhnliche Erzählung.

Fr: Sie kennen die spanischen Klassiker gut. Orson Welles sagte uns, er habe den "Lazarillo" gelesen und dort ein aussergewöhnliches Thema entdeckt, das es wert wäre, von Ihnen verfilmt zu werden _...

Bu: Der Film über den "Lazarillo" ist schon gedreht. Ich hätte gerne drei Filme nach drei Romanen von Galdos gemacht: "Nazarin", "Tristana" und "Angel Guerra". Den ersten habe ich gemacht. Zum zweiten habe ich das Drehbuch geschrieben, aber Ich konnte Ihn nicht drehen. "Angel Guerra" könnte man nicht in Mexiko drehen. Auch die übrigen Romane von Galdos sind ungewöhnlich, aber nicht zur Verfilmung geeignet; dabei käme ein Ciné-Roman heraus, und das reizt mich nicht. Man hat mir vielleicht zwanzigmal angeboten, "La Celestine* zu drehen. Ich lächle, ohne mir die Mühe einer Antwort zu machen.

Fr: Haben Sie Angebote aus den Vereinigten Staaten?

Bu: Ja. Im Augenblick stehe ich bei einigen Produzenten hoch im Kurs, und seit drei Jahren habe ich mehrere Angebote aus Hollywood und vor allem aus New York erhalten. Vor fünfzehn Jahren wären diese Angebote willkommen gewesen. Jetzt nicht mehr. Einige Monate vor seinem Tod hatte mir Selznick mit der Begründung, er hätte irgendwo gelesen, dass mir THE PORTRAIT OF JENNIE sehr gefiele, einen Film mit Jennifer Jones angeboten. Es graut mir vor dem Hollywood-Betrieb. Als ich noch dort lebte, habe ich nie versucht, Regie zu führen, um so weniger werde ich es jetzt tun.

Fr: Wen kannten Sie zu Ihrer Zeit in Hollywood?

Bu: Ich bin immer ziemlich isoliert geblieben. Manchmal besuchte ich René Clair, 1930 lernte ich Chaplin kennen. 1940, als ich keinen Pfennig besass, wollte ich ihm vier oder fünf Gags verkaufen. Er kam nicht zu unserer Verabredung. Danach wollte ich ihn nicht mehr sehen. Einen dieser Gags - jemand schiesst eine Pistole ab, aber wegen des mangelnden Schwunges fällt die Kugel zu Boden - hat er mit einer Kanone in THE GREAT DICTATOR verwendet. Ich nehme an, es handelt sich um einen Zufall, denn ich habe niemandem davon erzählt. Uns ist eben dasselbe eingefallen: ein Bild, das im Traum ziemlich häufig vorkommt.

Fr: Lieben Sie Stierkämpfe?

Bu: Absolut nicht. In meinem ganzen Leben habe ich höchstens fünfzehn Corridas gesehen. Das letztemal in Mexiko, und ich hatte schreckliche Angst.

Fr: Sehen Sie in einem Stier keine surrealistischen Elemente?

Bu: Ich finde eine Ratte weitaus interessanter. Obwohl mich alle Tiere sehr interessieren.

Fr: Haben Sie nie ein Chamäleon, verwendet?

Bu: Nein, aber das ist ein ungewöhnliches Tier; diese ungleichen Augen, diese pfeilschnelle Zunge _... Ich bekam einmal eins geschenkt und trug es immer auf meiner Schulter, ein einmaliges Tier.

Fr: Kennen Sie Filme der jungen Franzosen?

Bu: Truffaut ist sehr talentiert, und mir gefällt LA PEAU DOUCE. LES 400 COUPS und JULES ET JIM mag ich weniger. Leider ist es im Film üblich, Dinge zu erzählen, die wir schon kennen, bevor wir ins Kino gehen. Ich sehe lieber etwas, das ich nicht kenne. Warum soll ich sonst überhaupt hingehen? LA PEAU DOUCE verdient Interesse, weil die Geschichte gut erzählt ist.

Von Godard habe ich A BOUT DE SOUFFLE und LE MEPRIS gesehen. Ich mag seine freie Art und seinen aussergewöhnlichen Mut. LE MEPRIS besitzt ästhetisierenden und cocteauschen Geist. Er ist sehr in Cocteaus Geist gemacht, aber besser.

Fr: Kannten Sie Jean Vigo?

Bu: Er besuchte mich bei mir zu Hause. Später schlossen wir Freundschaft. Er war ein beachtlicher Kerl. A PROPOS DE NICE und ZERO DE CONDUITE gefallen mir sehr.

Bis auf wenige Ausnahmen hat mich der Neorealismus nie interessiert. Die alten komischen amerikanischen Filme mochten wir sehr. Keaton gefiel uns besser als Chaplin. Und Ben Turpin auch. Damals ging ich bis zu drei-, viermal täglich ins Kino.

In Cannes habe ich in diesem Jahr nur zwei Filme gesehen: DEUS E O DIABO NA TERRA DO SOL von Rocha, einem fünfundzwanzigjährigen Brasilianer, der ganz aussergewöhnlich ist und noch von sich reden machen wird. Sein dreistündiger Film ist das Schönste, das ich in den letzten zehn Jahren gesehen habe. Er ist voller blutiger Poesie. Der andere Film ist REPULSION von Polanski, der zweifellos Talent hat. Rochas Film ist mit sehr geringen Mitteln entstanden.

Ich habe nie eine Kinemathek betreten; sie möchten gern das kommerzielle Verleihsystem imitieren und begeben sich in der Konkurrenz sogar bis auf das Terrain der Besucherzahlen. In London findet jetzt beispielsweise eine Retrospektive meiner Filme statt, und deshalb zeigen sie verschiedene unmögliche Filme wie EL BRUTO, der hätte interessanter werden, aber äusserst vulgär ist, oder LA ILUSION VIAJA EN TRANVIA, der wirklich idiotisch ist, oder auch EL RIO Y LA MUERTE, ein sehr mittelmässiges Ding. Ich hätte nicht gedacht, dass diese Filme noch existieren, dabei wandern sie von einer europäischen Kinemathek zur anderen. Selbstverständlich nehme ich die volle Verantwortung für diese Filme auf mich, denn ich habe sie ja gemacht, aber es sind Arbeiten, die nicht das geringste Interesse besitzen.

Fr: Das ist so bewundernswert an Ihrem Werk: die Einheit, die Art, wie Sie Ihre Persönlichkeit auch in Filmen erhalten, die unter den härtesten Bedingungen der kommerziellen Produktion entstanden sind _...

Bu: Auch unter solchen Bedingungen habe ich immer im Einklang mit meinem Gewissen gearbeitet. Kein einziger meiner Filme enthält auch nur das geringste Detail, das meinen moralischen oder politischen Überzeugungen widerspräche. Im Rahmen des Erforderlichen habe ich die Vorschläge realisiert, die man mir machte.

Fr: Es lassen sich wichtige Unterschiede zwischen den Filmen feststellen, die Sie in Mexiko, in Spanien und in Frankreich gedreht haben _... Ihre französischen Filme sind abgerundeter und mit grösseren Mitteln gemacht, aber, so scheint es wenigstens, weniger persönlich.

Bu: In Frankreich hat man mir immer Filme angeboten, denen ich zwar nichts vorzuwerfen hatte, aber deren Sujets ich nicht selbst gewählt hatte. LA MORT EN CE JARDIN finde ich nicht gelungen! CELA S' APPELLE L' AURORE basiert auf einem guten Roman von Emmanuel Robles. Mein schlechtester französischer Film ist LA FIEVRE MONTE A EL PAO; während der Dreharbeiten haben Gerard Philipe und ich uns gefragt, warum wir solches Zeug überhaupt machen. Wir wussten es beide nicht.

Fr: Von welchen Ihrer Filme glauben Sie, dass sie mit Erfolg in Spanien gezeigt werden könnten?

Bu: NAZARIN. Aber er gilt dort als tabu. Trotzdem glaube ich, dass der Film einem einfachen, unvoreingenommenen Publikum gefallen würde. Ich spreche nicht von den Filmclubs. Ich glaube, meine Filme gefallen den Spaniern nicht: es wäre nur logisch, ihre Projektion zu gestatten, damit sie sich selbst zerstören. Die beiden ersten Tage würde man sie mir zuliebe verteidigen, aber am dritten Tag würde sie niemand mehr ansehen. Dann könnte die Welt sagen: "Welche Freiheit es doch in Spanien gibt!" Es sind Geheimfilme, bei denen nichts evident ist. Ich bin überzeugt, dass LOS OLVIDADOS, der jetzt laufen soll, sich noch nicht einmal zwei Tage auf dem Spielplan halten wird. "Wieviel Schmutz und Elend!" Man wird keine Notiz von ihm nehmen. ARCHIBALDO und EL ANGEL EXTERMINADOR könnte man meines Erachtens auch ohne weiteres zeigen, aber sie gelten noch als tabu.

Ich wollte in keinem Film irgendetwas beweisen. Politischer oder didaktischer Film interessiert mich nicht. In diesem Punkt kann man mir nichts vorwerfen. Aber ich kann machen, was ich will, immer wird ein Hintersinn herausgelesen. Es regt mich auf, wenn ich höre, SIMON sei blasphemisch; ich mag nicht, dass mir Dinge unterstellt werden.

Fr: Was haben Sie vom jungen spanischen Film gesehen?

BU: Sehr wenig. EL BUEN AMOR von Regueiro gefällt mir. Ich halte viel von Carlos Saura, obwohl er ein wenig "deutsch" ist; ich sage ihm manchmal, dass er zu wenig Sinn für Humor und Unsinn hat.

Fr: Was meinen Sie zur Kontinuität des spanischen Films in Beziehung auf die nationale Kunst und Kultur?

Bu: Die heutige Jugend ist das unschuldige Opfer eines Bruches mit der Tradition; die Nabelschnur, die sie mit den vorhergehenden Generationen verband, hat man durchschnitten, und jetzt müssen sie alles neu entdecken, unter anderem den Nonkonformismus. Sie müssen das fehlende Glied aus der Literatur rekonstruieren. Das ist etwas völlig anderes. (1) [Im Heft gibt es keine Anmerkung.]

Fr: Sind Sie mit Ihrem letzten Film BELLE DE JOUR zufrieden?

Bu: Kessels Roman gefällt mir überhaupt nicht, aber ich fand den Versuch interessant, aus etwas, das ich nicht mochte, etwas zu machen, was ich mochte. Es gibt in diesem Film Szenen, die mir sehr gefallen, und andere, die mir überhaupt nicht gefallen. Ich muss sagen, dass ich bei den Dreharbeiten völlige Freiheit hatte, deshalb fühle ich mich für das Resultat voll verantwortlich. Ich bin sehr froh, dass der Film fertig ist und ich nach Mexiko zurück kann; lange Dreharbeiten ermüden mich, deshalb versuche ich, sehr schnell zu drehen: Der Drehplan erstreckte sich über zehn Wochen. Ich habe den Film in acht Wochen gemacht, denn ich hatte genug davon, Kamerawinkel zu suchen und den Schauspielern dummes Zeug zu sagen. Ich habe nur 18000 Meter Film gebraucht; das ist wenig, wenn man bedenkt, dass man für einen billigen Film ohne weiteres 25000 Meter verbrauchen kann. Während der Aufnahmen habe ich immer schon die Montage im Kopf. Dadurch brauche ich keine Einstellung nachzudrehen und kann die Montage auf ein Aneinanderkleben beschränken. Ich habe BELLE DE JOUR in zehn Tagen montiert; hinzu kommt noch eine weitere Woche, in der die Cutterin die letzten Feinheiten erledigte. Am meisten interessieren mich bei der Herstellung eines Films die Etappen, die dem Drehen vorausgehen und folgen: Entwurf und Montage. Ich habe als Cutter in den USA gearbeitet ein etwas eigenartiger Cutter allerdings.

Fr: Wird der Film auf ein Festival geschickt?

Bu: Das weiss ich nicht. Das ist Sache des Produzenten. Wenn ein Film fertig ist, interessiert er mich nicht mehr im geringsten. Aber es ist möglich, dass BELLE DE JOUR auf einem Festival gezeigt wird, denn es ist ein "offizieller" Film, der auf grosse Einnahmen abgestellt ist, mit guten Schauspielern _... Sie wissen sicher, dass es sich um einen pornographischen Film handelt. Nein, nein, ich verstehe darunter keusche Erotik. Auch wenn die Zensoren das vielleicht anders sehen; ich will nie einen Skandal verursachen, aber sie finden-es mitunter skandalös.

Fr: Dies ist Ihr vierter Farbfilm _...

Bu: Diesmal hatte ich einen aussergewöhnlichen Kameramann, Sacha Vierny, der mich mit der Farbe versöhnt hat.

Fr: Es hiess, Sie würden LE MOINE drehen.

Bu: Man wollte es in Frankreich, aber das Projekt interessiert mich nicht mehr, es gefällt mir nicht mehr. Alles war für Oktober vorbereitet, aber vorher wollte ich mich in Mexiko einen Monat ausruhen. Aber ich bin dann vier Monate geblieben, und als ich nach Paris zurückkam, erfuhr ich, dass die Produktionsgesellschaft aufgelöst war; die beiden; Koproduzenten hatten sich gestritten. Sie versöhnten sich dann wieder und griffen das alte Projekt wieder auf. Es interessiert mich nicht mehr. Eine Geschichte gefällt mir in dem Moment, wo ich sie schreibe, aber etwas später will ich nichts mehr davon hören; sie gefällt mir nicht mehr, Ich kann den Film nicht mehr, machen.

Fr: Haben Sie viel am Szenarion von LE MOINE gearbeitet?

Bu: Ja, denn das ist die Etappe, die ich am meisten liebe. Ich habe immer an der Ausarbeitung der Szenarios für meine Filme mitgewirkt, aber ich muss immer mit einem Schriftsteller zusammenarbeiten. Ich habe einen Fehler, die Wiederholung, die mich zu einem missglückten Schriftsteller macht, sogar, wenn es sich um einen einfachen Brief handelt. Dabei kommt ungefähr so etwas heraus: »Lieber Freund, ich schreibe Dir, weil meine Mutter mir geschrieben hat, dass sie Dir nicht schreiben) kann, und mich bittet, Dir zu schreiben _..." oder "Es Ist zu starker Verkehr. Bei solchem Verkehr kann man nicht fahren." Da meine ganze Prosa entsprechend ausfällt, kann ich den Brief nur zerreissen. Ich brauche drei Tage für einen Text, den ein Schriftsteller in drei Stunden geschrieben hätte. Deshalb unterhalten wir uns, diskutieren, und er besorgt das Schreiben.

Fr: Wie denken Sie heute über L' AGE D' OR?

Bu: Mir gefällt der Geist, aus dem heraus wir ihn gemacht haben. Wir waren jung, machten uns lustig über die Institutionen, die Familie, die Kirche;

Fr: Ist EL ANGEL EXTERMINADOR für Sie nicht eine Rückkehr zum Geist von L' AGE D' OR?

Bu: Ich weiss, dass man das behauptet und geschrieben hat, aber es stimmt nicht. Es ist vielmehr so, dass ich immer derselbe bin.

Fr: In Ihren ersten mexikanischen Filmen, vor allem in SUSANA, ist offenkundig, dass Sie das Ihnen gestellte Thema ins Gegenteil verkehren.

Bu: Ja, das stimmt, aber ich fürchte, das Verlogene des Happy Ends war noch nicht evident genug. Am besten aus dieser Periode gefällt mir EL.

Fr: Welcher von Ihren Filmen gefällt Ihnen am besten?

Bu: Das weiss ich wirklich nicht. Mein Geschmack wechselt sehr; heute ist es dieser, morgen jener. Augenblicklich interessiert mich LA JOVEN am meisten. Als er damals herauskam, war er ein Misserfolg. Die Columbia vertrieb ihn sehr schlecht. Aber diese Gesellschaft kennt sich aus in so etwas. Es würde mich zum Beispiel nicht wundern, wenn sie Sauras LA GAZA ohne mit der Wimper zu zucken für 20 000 Dollars kaufen und ihn dann sehr schlecht vertreiben würde. Das ist Hollywoods Politik: die Produkte, die eine Bedrohung darstellen, aufzukaufen und damit eine Konkurrenz zu unterbinden. Aber die Politik der Columbia geht noch weiter; ihre künstlerische Politik besteht darin, die Intelligenz zu kaufen, um sie dann besser vernichten zu können.

Aber es gibt noch einen anderen Grund für den anfänglichen Misserfolg des Films: der Film missfiel seinerzeit den Weissen genauso wie den Schwarzen. Als der Film in New York herauskam, schrieb eine Zeitung in Harlem, man müsste mich wie Mussolini in der 5th Avenue an den Füssen aufhängen. Die anderen Zeitungen erwähnten ihn noch nicht einmal, aber die "New York Times" schrieb einen flammenden Verriss. Wenn so ein Film den Leuten gefallen soll, muss der Schwarze ein Held sein, der am Ende den Weissen rettet oder umgekehrt. Aber in meinem Film gibt es keinen Helden.

Fr: Wie denken Sie über das brasilianische Cinema Novo?

Bu: Ich kenne OS FUZIS, VIDAS SECAS, DEUS E O DIABO NA TERRA DO SOL. Drei Filme, die ich sehr liebe, die mich erbeben lassen. Besonders der Film von Rocha: er ist nicht gut gemacht, aber er besitzt einer ausserordentliche Anziehungskraft. Von allen "Jungen Filmen" der Welt ist der brasilianische der beste. Ihnen fehlt zwar die nötige Freiheit, aber solche Filme werden weiterhin entstehen, ob vor ihnen oder anderen gedreht. Es geht um etwas, das existiert, das da ist. Man braucht nur aufzupassen, um es mitzukriegen.

Fr: Gefällt Ihnen Bellocchio? ;

Bu: Ich habe l PUGNI IN TASCA gesehen: das interessiert mich absolut nicht, es ist abstossend und zu einfach. Es ist wirklich übertrieben: die Mutter blind, der Bruder geistig zurückgeblieben _... das ist zu einfach: als der Sohn die Füsse auf den Sarg seiner Mutter setzt _... Warum zeigt er nicht gleich, wie der Sohn auf den Kopf seiner Mutter scheisst? Das ist das einzige, was er uns erspart.

Fr: Und Fellini?

Bu: Seine ersten Filme mag ich sehr. Bis zu LA DOLCE VITA war Fellini einer der Regisseure, die mich am meisten interessierten. Jetzt ist er nur noch das Genie, das seine "Geniestreiche" fabriziert. Ich habe GIULIETTA gesehen; das ist gar nichts. Weder richtiger noch falscher Surrealismus, gar nichts. Diese Hüte _... was soll das denn? Technisches Können, nichts als technisches Können. Angenommen, ich müsste in diesem Zimmer eine Szene drehen und Sie öffneten die Tür, Sie sagten im Vorbeigehen etwas zu Ihrem Freund, und während Sie wieder hinausgingen, stände er auf, um seinen Pass zu holen: ja, wenn ich das als Totale aufnehme, wird es eine einfache Szene mit sehr wenig Bewegung. Aber wenn ich sie in halbnah drehe, ergibt das eine Szene, bei der die Kamera tüchtig zu tun hätte. Wenn ich dazu noch die Wände beleuchte, statt die Personen auszuleuchten _... genauso ist die erste Szene von GIULIETTA Wenn ich in einem Film die Technik derartig "sehe", gefällt er mir nicht mehr. Ich bemühe mich in meinen Filmen um eine nicht wahrnehmbare Technik. Sobald man sie bemerkt ist es danebengegangen. "

Bei GIULIETTA bin ich vor Schluss gegangen und habe einen Gampari getrunken. Ich bin zum Kino zurückgekehrt, um die Gesichter der Leute: zu sehen: sie kamen so ernst wie Tote heraus. Der Kinobesucher ist am schlimmsten. Besucher von Theatern oder Sportveranstaltungen sind anders: sie sprechen, sie diskutieren, sie sind erregt. Ins Kino gehen nur Leute, die zwei Stunden totschlagen wollen, mit denen sie nichts anzufangen wissen, oder solche, die ihrer Verlobten etwas bieten wollen, und was weiss ich, wer sonst noch. Ich gehe kaum zu irgendwelchen Veranstaltungen, aber ich sehe gerne zu, wenn die Zuschauer herauskommen. Kinobesucher sind jedenfalls immer so schweigsam wie Tote. Die Wahrheit ist, dass achtzig Prozent der Filme, die heute gedreht werden, überflüssig sind. Nur sehr wenige Filme sind wirklich wichtig oder interessant.

Fr: Lesen Sie viel?

Bu: Ich lese nicht viel, und wenn, dann lieber biologische oder historische Sachen als Romane. Ich liebe die südamerikanische Literatur sehr. Alejo Carpentier halte ich für den grössten kastilischen Schriftsteller. "Les Pas perdus" und "Le Siècle des Lumières" sind zwei aussergewöhnliche Romane. Ebenso wie "La Ville et les Chiens" von Vargas Liosa. Ausserdem gefallen mir auch Cortazar und Miguel Angel Asturias. Allerdings bin ich erstaunt, dass er nun Botschafter von Guatemala in Paris geworden ist.

Fr: Reisen Sie gern?

Bu: Nein, ganz und gar nicht. Ich bekomme viele Einladungen, aber ich sage Immer ab. Im Augenblick versucht man mich zu überreden, nach Paris zu ziehen. Ich werde es nicht tun; ich hätte Angst, beim Umzug zu sterben; es macht mir nichts aus zu sterben, aber nicht bei einem Umzug. Ich lebe jetzt in Mexiko und gehe nur von dort weg, um nach Madrid zu fahren, wo ich Freunde treffe, esse, trinke _... Am Anfang unserer Unterhaltung sagte Ich Ihnen schon, wie leid es mir tut, dass ich Ihnen, kein Glas Wein anbieten kann, aber ich fahre in ein paar Stunden nach Paris, und die Flaschen, die noch übrig waren, sind schon eingepackt. Seit vierzig Jahren trinke ich viel, ich bin ein Alkoholiker. Ich trinke meine zwei Flaschen Wein täglich, und das nicht nur abends, ich fange schon mittags an _... aber solange die Leber mitmacht Allerdings betrinke ich mich nicht gern, und wenn ich merke, dass ich einen bestimmten Punkt erreicht habe, höre ich auf.

Fr: Haben Sie Drehpläne in Spanien?

Bu: Seit dem Drehverbot von "Tristana" habe ich nichts ins Auge gefasst. Und trotzdem würde ich am liebsten in Spanien arbeiten. Auf jeden Fall höre ich jetzt aber auf. Ich werde keine Filme mehr machen, weder in Spanien, noch in Frankreich noch sonstwo. BELLE DE JOUR ist mein letzter Film.

(Die Gespräche wurden am 15. Januar 1965 in Madrid von Juan Cobos und Gonzalo S. J. de Erice und 1967 von M. Torres, Vicente Molina Foix, M. P. Estremara und C. R. Sanz aufgenommen. Der Nachdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der CAHIERS DU CINEMA. Übersetzung: Barbara Bernauer)
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Filmographie
zu dem in Heft 54 veröffentlichten Artikel »Mythos und Kolportage" wurde dorthin übernommen.



Filmzensur in der Bundesrepublik

(Der Autor legt Wert auf die Feststellung, dass sein Aufsatz, der durch die Verzögerung bei der Herausgabe dieses Heftes erst jetzt erscheinen kann, bereits im Januar 1988 abgeschlossen wurde. Die neuesten Zensurfälle, etwa die Totalverstümmelung von Vilgot Sjömans ICH BIN NEUGIERIG - BLAU alias "Sie will 's wissen", sind deshalb nicht mehr erwähnt. Wir meinen indessen, da sich an der Praxis der Wiesbadener Zensoren nichts geändert hat, dass diese letzten Beispiele für die Gültigkeit der Schlüsse dieser Untersuchung nicht relevant sind.       Die Redaktion)

Manche meinen, sie seien liberal geworden, nur weil sie die Richtung ihrer Intoleranz geändert haben!       Wieslaw Brudzinski

Eine kurze Notiz, die vor einiger Zeit durch die Tagespresse ging, besagt, dass bis zum 1.1.1968 in Dänemark und Schweden die Filmzensur für Erwachsene aufgehoben wird. Die Altersgrenze der für Jugendliche verbotenen Filme wird zum selben Zeitpunkt, wie bei uns seit 1957 üblich, auf 18 Jahre erhöht. Dies sollte Veranlassung sein, sich wieder einmal mit einem Tatbestand und dessen Auswirkungen zu befassen, mit dem vermutlich die meisten, soweit sie ihn bisher überhaupt zur Kenntnis genommen haben, einen Separatfrieden geschlossen haben. Eine Filmzensur existiert, so könnte man definieren, wenn die Erlaubnis zur öffentlichen Vorführung von Spiel- und Dokumentarfilmen von einer behördlichen Vorprüfung und Genehmigung ihres Inhalts abhängig gemacht wird.

Dies zu verhindern war die Absicht des vielzitierten Artikels 5 des Grundgesetzes, dessen Absatz 1 lautet: "Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äussern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt" und weiter in Absatz 2: "Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre."

Der Wortlaut ist eindeutig. Es ist nicht die Rede von einem Schutz der nicht unter das Jugendschutzgesetz fallenden Personen gegen negative Einflüsse, was immer einzelne Gruppen darunter auch verstehen mögen. Und von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang das für das Grundgesetz im Gegensatz zur Weimarer Verfassung geltende Grundprinzip der Wesensgehaltsgarantie. Das heisst, selbst dann, wenn auf Grund eines Vorbehaltes (z. B. Jugendschutz) ein Grundrecht durch einfaches Gesetz eingeschränkt werden kann, darf der Wesensgehalt dieses Grundrechts in keinem Fall angetastet werden.

Die Filmzensur hat zunächst einmal einen rein juristischen Aspekt. Unter diesem Gesichtspunkt wäre die rechtliche Zulässigkeit der verschiedenen auf dem Gebiet der Filmprüfung tätigen Institutionen im Hinblick auf Verfassung und Kartellgesetz zu prüfen. Hierunter wollen wir auch eine obskure Einrichtung subsumieren, die sich anfangs ?Interministerieller Ausschuss für Ost-West-Filmfragen" nannte. Die Prüfung von Filmen aus den Ostblockländern wurde nach jahrelanger heftiger Kritik von diesem Ausschuss jetzt dem Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft übertragen. Aus Anlass des Verbots eines DEFA-Films über den Kongosöldner Müller soll demnächst über die Rechtmässigkeit der Befugnisse dieser Institution hinsichtlich der inhaltlichen Prüfung von Filmen gerichtlich entschieden werden. Eine Erörterung dieser komplizierten Rechtsfragen sei den Juristen vorbehalten; wir wollen uns mit dem Hinweis begnügen, dass zu diesen Fragen schon eine Reihe von kritischen Beiträgen erschienen ist, obwohl uns keine dieser Arbeiten das Thema abschliessend behandelt zu haben scheint. (Dr. Georg Roeber. Ansatzpunkte für Kontrolltendenzen bei Film und Fernsehen; Film und Recht v. 15. 4. 62, S. 2. ; Reinold E. Thiel: Gesetzliche Zensur?; Filmkritik 12/1963, S. 546. und: Obrigkeitszensur und Gruppenzensur; Filmkritik 2/64. S. 66. und: Zensur aus dem Hinterhalt; die Zeit v. 30. 8. 63, S. 9)

Motive und Auswertungen der von aussen oktroyierten oder scheinbar freiwillig vorgenommenen Kürzungen {und Retouchen sollen im folgenden anhand der Verstümmelung ausländischer Filme in der Bundesrepublik untersucht werden. Auf dem Gebiet der Filmprüfung sind von Amts wegen die Filmbewertungsstelle Wiesbaden (FBW) und die] freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (FSK) tätig. Die Funktion der FBW1! liegt in der Beurteilung, inwieweit und in welcher Fassung einem Film das steuersparende und deshalb sehr begehrte Prädikat ?wertvoll" oder ?besonders! wertvoll" zuerkannt werden kann. Das Prüfungsrecht der FSK erstreckt sieht einerseits auf die Frage] inwieweit ein Film überhaupt vorgeführt werden darf und darauf, welcher Personenkreis als Besucher zugelassen werden soll. Das Jugendschutzgesetz sieht eine Einstufung der Filme in vier Altersgruppen vor: frei ab 6, 12, 16 oder 18 Jahren. Man kann also eindeutig von Zensur sprechen, wenn auf Veranlassung der FSK oder nachträglich der FBW die Originalfassung bzw. die ungekürzte Synchronfassung eines erst ab 18 Jahren freigegebenen Films geändert werden muss.

Laut Satzung ist es allgemein gefasst Aufgabe der FSK, "zu verhindern, dass der Film - der in erster Linie Unterhaltungsmittel ist, kulturelle und erzieherische Aufgaben erfüllen soll und einen massgebenden Einfluss auf die Masse der Bevölkerung hat - negative Einflüsse auf moralischem, religiösem und politischem Gebiet ausübt." Die FSK wird deshalb in unseren weiteren Überlegungen eine zentrale Rolle spielen.

Da ihre Struktur nur bei Branchenkundigen als bekannt vorausgesetzt werden kann, sei ein kurzer Hinweis erlaubt. Die eigentliche Filmprüfung der FSK wird von drei Ausschüsse durchgeführt. Als erste Instanz fungiert der Arbeitsausschuss, bestehend aus acht Mitgliedern, davon vier von der Filmwirtschaft und je ein Vertreter des Bundes, der Länder, der Kirchen und des Bundesjugendrings. Der Hauptausschuss besteht aus vierzehn Mitgliedern und einem Vorsitzenden. Sieben Mitglieder stellt die Filmwirtschaft, je zwei stellen der Bund, die Länder und die Kirchen, einen der Bundesjugendring. Der Rechtsausschuss als letzte Instanz besteht aus fünf Mitgliedern, die alle die Befähigung zum Richteramt haben müssen.

Massgebend für die Prüfung sind die in der Satzung niedergelegten Richtlinien. Das allein besagt jedoch nicht allzuviel, denn entscheidend ist letztlich die durch die Einstellung der Ausschussmitglieder zu den im Film behandelten Themen bedingte Auslegung dieser Vorschriften. Hier liegt das Problem. Auch die besten Richtlinien vermögen nichts zu retten, wenn die einzelnen Ausschussmitglieder z. B. der Meinung sind, dass ein militärischer Erbauungsfilm wie THE ALAMO bereits für Jugendliche ab zwölf Jahren tragbar und auch noch feiertagsfrei ist. Es ist deshalb durchaus zutreffend, wenn Patalas meint: "Es wäre sinnlos, so zu tun, als brauchten die Mitglieder der FSK nur in sich zu gehen und sich der Grundsätze der FSK zu erinnern. Welchen Zweck hat es an sie zur appellieren, ihre persönliche Unabhängigkeit auch gegenüber den lautstärksten Interessengruppen mutig zu bewahren, wenn sie selbst gerade die lautstärksten Vertreter jener Interessengruppen sind und man sie berufen hat, nicht ihre persönliche Unabhängigkeit, sondern die Interessen ihrer Gruppe zu vertreten? Und wozu hätte man Vertreter der Kirche berufen sollen, wenn nicht dazu, ihrer Auffassung davon, was auf moralischem und religiösem Gebiet positiv und negativ ist, Ausdruck zu verleihen." (Enno Patalas: Hier irrte die Humanistische Unian; Filmkritik 9/1964, S. 451)

Konsequenterweise wurde der Kurzfilm DIE WECHSLER IM TEMPEL, der sich mit der unseligen Verquickung von politischem Streben und religiösem Apostolat auseinandersetzt, auch vom Rechtsausschuss der FSK nicht zur öffentlichen Vorführung freigegeben. (vgl. DIE WECHSLER IM TEMPEL, Frankfurter Rundschau v. 4. 3. 66. S. 13) Und die - zunächst durch merkwürdige Interventionen verschleppte - Freigabe des polnischen Films "Mutter Johanna von den Engeln" nannte der katholische Filmdienst »blanker Hohn auf die Grundlagen der FSK". Aber niemand protestierte, als die FSK den Kriegsfilm A YANK IN VIETNAM ("Kommando in Vietnam") freigab, über ihn heisst es: "Die Vietcong sind schwarze Bestien, die mit eingelegter Maschinenpistole in Lazarette stürzen und die Patienten niedermähen. Die regierungstreuen Südvietnamesen sind lustige Burschen und vor allem fromme Katholiken, worauf in einer längeren Szene ausführlich hingewiesen wird. Schlimm genug, dass in Amerika ein derartiger Film gedreht werden kann. Wer aber erklärt uns, wie dieser Film die FSK passieren konnte, von deren Grundsätze er wenigstens drei (Verbot von Geschichtsfälschung, Völkerverhetzung und Kriegspropaganda) flagrant verletzt?" (FSK-Massstäbe; Filmkritik 9/1965, S. 489) Der italienische Film LE QUATTRO GIORNATE DI NAPOLI dagegen stiess auf erheblichen Widerstand, Arbeits- und Hauptausschuss der FSK hatten die öffentliche Vorführung untersagt. Erst der Rechtsausschuss gab den Film frei. Und trotzdem glaubte Patalas, dass wir die "Vier Tage von Neapel" zwar mit einem ungerechtfertigten, einschränkenden Vorspruch, aber sonst ungekürzt zu sehen bekommen würden. (Enno Patalas: Was ist diese FSK wert? Filmkritik 12/1963, S. 545) Welch ein Optimismus! Die vom Arbeits- und Hauptausschuss verbotene Fassung muss ja nicht in jedem Fall mit der vom Rechtsausschuss dann doch freigegebenen Fassung identisch sein! Sowohl in der Schweiz als auch in England ist die Fassung dieses Films sechs Minuten länger.

Es ist eine unerträgliche Bevormundung und kommt einer Zensur gleich, wenn der deutsche Verleih auf indirekten Druck oder infolge eigener bzw. suggerierter Fehleinschätzung der Besucher. Kürzungen selbst veranlasst. Im Zweifelsfal|e lässt sich allerdings für den Aussenstehenden selten eindeutig; feststellen, welche Kürzungen auf Schnittauflagen von FSK/FBW, bzw. auf indirekten Druck zurückzuführen oder als vorbeugende Massnahme des Verleihs gedacht sind. Für die prophylaktische Methode kann ein Verleiher mehrere Beweggründe haben: Entweder er will eine bestimmte Altersfreigabe erreichen, um den Kreis der potentiellen Besucher zu vergrössern oder durch Berücksichtigung zu erwartender Beanstandungen seitens der FBW eine Prädikatisierung des Films zu erleichtern. (Es gibt jedoch auch Fälle, wo nach der Freigabe noch geschnitten wurde, ohne dass sich deswegen die Alterseinstufung geändert hätte. Z. B. "Lolita" von 4188 auf 3878 m (ab 18), "Walzer der Toreros" von 2859 m auf 2734 m (ab 18), "Duell in der Sonne" von 3554 m auf 2883 m (ab 16), "Dr. Malbus verschwand um vier" von 2816 m auf 2443 m (ab 18) und "Monpti" von 2763 m auf 2429 m (ab 18).) So wurde z. B. die deutsche Fassung des um fünfzehn Minuten gekürzten Films THE PAWNBROKER von der FBW mit dem Prädikat "besonders wertvoll" bedacht. Die Evangelische Filmgilde empfiehlt ihn als besten Film des Monats November 1967 und schreibt in ihrer Kritik: "Nach Ansicht von Kennern der Originalfassung hält die deutsche Synchronisation, die der Nora-Filmverleih besorgen liess, jeden Vergleich mit dem Original aus". (Evangelischer Filmbeobachter Nr. 46/1967, S. 626) Und die vielbefehdeten italienischen Filme "Die Eingeschlossenen" und "Vier Tage von Neapel" haben nach ihrer Bearbeitung sogar das Prädikat "wertvoll" erhalten, obwohl man sie zunächst überhaupt nicht freigeben wollte.

In vielen Fällen sind Kürzungen aber auch auf eine branchenimmanente Selbsttäuschung zurückzuführen. Fast jeder glaubt zu wissen, was das Publikum zu sehen wünscht und was ihm angeblich nicht zugemutet werden kann. In der fälschlichen Annahme, die geschäftlichen Chancen könnten damit verbessert werden, werden einzelne Szenen oder ganze Episoden einfach weggelassen. Als typische Beispiele für die Unterschlagung einer ganzen Episode seien die Monicelli-Episode aus BOCCACCIO 70, die Godard-Episode aus "Das älteste Gewerbe der Welt" sowie die Episode aus PAISA genannt, die das Ende einer von den Allierten im Stich gelassenen Widerstandsgruppe zeigt.

In welcher Weise kann nun überhaupt die Originalfassung eines ausländischen Films geändert werden? Zwei Möglichkeiten bieten sich dafür an: Die gängigste ist die Änderung des Dialogs unter Beibehaltung des Bildteiles. Bestimmte und vom Autor vermutlich bewusst gesetzte politische oder moralische Akzente werden bei der Synchronisation retouchiert oder ganz unterschlagen. Auch wenn man vorher die Originalfassung gesehen und - bei fremdsprachigen Filmen nicht unbedingt selbstverständlich - sogar verstanden hat, kann man den oft gewichtigen Feinheiten nur durch einen Vergleich zwischen der deutschen und der Originaldialogliste auf die Spur kommen. (vgl. "Geschichte der Nana S."; Filmkritik 11/62, S. 498, "Das Messer im Wasser"; Filmkritik 11/63, S. 510) Ebenfalls recht beliebt ist die Kürzung des Bildteiles und damit gleichzeitig des Dialogs durch Herausnahme ganzer Einstellungen. Hier genügt ein Vergleich der beiden Dialoglisten allerdings nicht mehr. Wenn man einen derartig bearbeiteten Film nach seiner deutschen Version gerecht beurteilen will, kann nur ein Vergleich mit dem Originaldrehbuch letzte Klarheit bringen.

Dennoch fallen derartige Manipulationen dem Besucher internationaler Festivals später im Kino an der Ecke auf. So schrieb z. B. Ulrich Gregor über »Die Bienenkönigin": "Wenn den Rezensenten seine Erinnerung an die Uraufführung des Films in Cannes nicht trügt, so befanden sich freilich in der Originalfassung noch einige weitere Szenen, die die Komplizität der katholischen Kirche bei der Aufrechterhaltung einer tyrannischen Familienordnung aufhellten. Diese Szenen _... dürften der wiesbadener FSK-Schere zum Opfer gefallen sein." (Ulrich Gregor: "Die Bienenkönigin"; Filmkritik 4/1964, S. 192) Immerhin auch ohne Kenntnis der Originalfassung lassen sich hier Eingriffe dem Umfang, nicht der Art nach, durch einen Vergleich der Laufzeiten feststellen. Billigerweise muss an dieser Stelle noch auf einen Faktor hingewiesen werden, der in seinen Auswirkungen einer Zensur gleichkommt, obwohl er ausserhalb des Einflussbereiches deutscher Zensurinstanzen liegt. Bei Co-Produktionen worden die Weltvertriebsrechte des Films nach Monopolgebieten unter den beteiligten Produzenten aufgeteilt. So kann in Einzelfällen der deutsche Importeur gezwungen sein, auf Grund nationaler Zensurbestimmungen oder aber im Co-Produktionsvertrag fixierter Vorbehalte des für die Bundesrepublik zuständigen Produzenten beim Kauf der deutschen Vertriebsrechte eine vom Original abweichende Fassung zu übernehmen. (Sowohl bei LE MEPRIS (8 Min.) als auch bei LA MUERTE DE UN CICLISTA (15 Min.) und "Eva" (50 Min.).) Im Falle "Rocco und seine Brüder" wurde diese theoretisch denkbare Situation als Ausrede benutzt. Auf das Fehlen von neunzehn Minuten in der angeblich ungekürzten deutschen Version angesprochen, operierte der Verleih dann plötzlich mit dem Begriff der "ungekürzten Exportfassung".

Macht sich dann und wann in der Fach-, seltener in der Tagespresse, wirklich einmal etwas Unruhe bemerkbar, riskieren deren Urheber, wie im Falle des De Sica-Films "Die Eingeschlossenen", flugs als "Blechbläser der Freiheit" hingestellt zu werden, deren "Äusserungen geeignet sind, die Öffentlichkeit zu verwirren". (Edmund Luft: Falscher Alarm; Film-Echo v: 25. 9. 63, S. 3; vgl. auch: Bestürzung der Woche; Film-Telegramm v. 17. 9. 63) Die grundsätzliche Bedeutung, die die Presse diesem Thema beimisst, ist aus den relativ zahlreichen Grundsatzerörterungen ersichtlich- Es ist jedoch bestürzend, Wie selten dieser Gesichtspunkt in den Rezensionen über die in Mitleidenschaft gezogenen Filme auftaucht. Man benötigt keine grosse Phantasie, um sich auszumalen, was in den Literaturspalten der grossen deutschen Tages- und Wochenzeitungen zu lesen wäre, kämen der Verlag oder eine illegale Zensurinstanz auf den Gedanken, z. B. aus den Romanen so unbequemer Autoren wie Miguel Angel Asturias, Alberto Moravia, Jerzy Andrzejewski, Ambrose Bierce, Henry Miller oder Jean Genet halbe Sätze oder ganze Kapitel zu entfernen. Aber selbst bei weniger bedeutenden Autoren werden Indizierungsversuche oder Vertriebsbeschränkungen ihrer Publikationen sofort und selbstverständlich völlig zu recht angeprangert. (Martin Walser: Die Unschuld des Obszönen; FAZ v. 2. 8. 1967. Peter M. Ladiges: Besonders die weibliche Jugend; Die Zeit v. 3. 11. 67. Werner Dolph: Die richtungsgebende Wahrheit der Bundesprüfstelle; Die Zeit v. 6. 10. 1967, S. 22.)

Eine gewisse Respektlosigkeit gegenüber dem Film als Kunstwerk scheint jedoch zum guten Ton zu gehören. Eingriffe in seine Integrität sind nicht als sittenwidrig verpönt, sondern werden oft genug als gute Tat apostrophiert. Dass die Erwähnung von Kürzungen in Rezensionen bei den Kritikern oft von ihrer persönlichen Einstellung zu dem betreffenden Film abhängt, ist teilweise verständlich. Ganz unverantwortlich aber ist es, diese Einstellung zum Dogma zu erheben, wie es z. B. Frieda Grafe getan hat. Sie schreibt: "Ein Film, der so total durchfällt, wie es LES CREATURES (D 91 /F 105 Min.) in Venedig und Paris passierte, der nahezu einstimmig als missglückt bezeichnet wurde, den nicht einmal die Cahiers du Cinéma einer Kritik für Wert befanden, ein solcher Film hat objektiv den Anspruch verwirkt, in seiner integralen Form respektiert zu werden". (Filmkritik 4/1967, S. 205)

Jede vom Regisseur nicht freiwillig vorgenommene Kürzung mindert den künstlerischen Wert des Films, zumindest aber dessen Aussagefähigkeit über die Intentionen des Regisseurs. Als Beispiel sei hier der Film "491" des schwedischen Regisseurs Vilgot Sjöman genannt, der über seinen von der Zensur durch Schnitte zerstörten Film sagt: "Ich könnte nur die unzensierte Originalfassung verteidigen. Für die freilich wäre ich guten Gewissens bereit zu kämpfen - gegen künstlerische wie gegen moralische oder politische Bedenken. Da diese Fassung jedoch in Deutschland kaum jemand kennt, erscheint es mir richtiger und wichtiger, von den grösseren, den prinzipiellen Fragen zu reden, die mein Film aufwirft: Vom Recht des Künstlers, nicht nur auf der Bühne und in Büchern, sondern auch im Film frei und verantwortungsbewusst gerade das zu sagen, was er für die Wahrheit hält". (Vilgot Sjöman: Mein Film 4911 Die Zeit vom 23. 10. 64, S. 22)

Kann man da die Erhaltung der vom Regisseur gebilligten Fassung von irgendwelchen Werturteilen abhängig machen? - umsomehr, als die einhellige Beurteilung eines Films selten, eine Gewichtung der einzelnen Stimmen aber immer problematisch sein wird. Kann man da wirklich sagen: "Die FSK hat mit ihrer Schere dem Film nicht nur zur Freigabe verholfen, sondern (übrigens nicht zum erstenmal!) damit dem besseren Verständnis des Werkes einen wirklich guten Dienst erwiesen". (Evangelischer FlUnbeobachter Nr. 35/67 über den Film "Verschwiegene Spiele") Dann besteht nämlich zu dem, was L' AVVENTURA in "Der Welt" passierte, kein prinzipieller, sondern nur ein gradueller Unterschied; Dort hatte Georg Ramseger in seinem Bericht aus Cannes (1960) geschrieben: "Was mag _... einen so begabten Regisseur wie Antonioni geritten haben, einen so unerträglich abstrusen, wirren, fahrigen und dabei noch beleidigend langweiligen Film zu drehen? _... Mindestens fünf Filme stecken in diesem Monstrum, darunter vielleicht sogar ein wunderbarer." Als L' AVVENTURA in seiner um dreissig Prozent (43 Min.) gekürzten Version deutsche Premiere hatte, nahm sich Manfred Delling den Film nochmals vor, zitierte zunächst Ramsegers Cannes-Bericht und kam dann zu dem Ergebnis: "Die vorliegende Fassung _... währt nur gut anderthalb Stunden. Damit ist ein anderer, ein neuer Film zu besprechen - und ein besserer! Er scheint eine wundersame Wandlung durchgemacht zu haben". (vgl. Ulrich Seelmann-Eggebert: Ein Meisterwerk, das keines mehr ist; Echo der Zeit v. 2. 4. 1961, S. 12) Und Martin Ruppert schrieb über die Originalfassung aus Cannes: "Es gibt, auch in der untersten Schublade der Kinematographie, wenig Filme, deren Sinn dem Betrachter für alle Zeiten verborgen bleibt. Einer davon ist Michelangelo Antonionis 'Abenteuer', der die Tradition der künstlerischen Repräsentanz Italiens beim 13. Festival mit einem Schlag unterbrochen hat. Am Anfang stand Spannung, am Ende gellten Pfiffe durch den Raum. Der italienische Salat, auf Zelluloid serviert, hatte einen gehörigen ,Stich'. Das Abenteuer endete im Tränenstrom, der aus den Augen und der römischen Nase eines unverbesserlichen Sünders floss. Der Versuch, die Story im Grundriss aufzuzeichnen, muss an der völligen Verworrenheit ihres Aufbaus und ihrer Unzulänglichkeit scheitern" . (FAZ v. 23. 5. 60. S. 16, Die Goldene Palme für Fellini)

Und leider ist L' AVVENTURA kein Einzelfall. Es gibt genügend Beispiele, wo Filme, ohne Hinweis für den Leser, dass die im Theater zu besichtigende Fassung nicht mit dem Original identisch ist, nur nach der verstümmelten deutschen Version beurteilt werden. Schon ein schüchterner Versuch, nur die interessantesten Fälle aufzuzählen; scheitert am Umfang der Liste. Die Tagespresse schneidet - von Ausnahmen abgesehen - dabei am schlechtesten ab. Aber auch der Zeitschrift "Filmkritik" sind hier Unterlassungssünden vorzuwerfen. Man wird z. B. in den Besprechungen von IL POSTO, THE KEY, A FACE. IN THE CROWD, MONTPARNASSE 19, LES SORCIERES DE SALEM oder "Der Rikschamann" vergebens nach einem entsprechenden Hinweis suchen. Über "Eva" schreibt Ripkens z. B.: "Dass Derartiges von Joseph Losey signiert wird, enttäuscht doppelt". (Filmkritik 1/1963, S. 27) Es enttäuscht aber auch, dass in dieser Besprechung die ganz erheblichen Kürzungen der deutschen Fassung nicht erwähnt werden. Im Programm des Rational Film Theatre (London) heisst es darüber: In November 1962, Joseph Losey was quoted by ,Variety' as saying "I would like it known as a matter of record that the version of EVE now circulating in France and Italy has had twenty-five minutes cut from it' (the British version removed another twenty minutes). If his current effort - the last of a series - to have the missing footage restored, falls, the director hopes at least to gain possession of one English-language print containing the full footage. Not only will our print be the first un-cut one to be shown, but also it will have the original sound track." (NFT, Februar 1966, S. 16. Die vollständige Fassung hat 156, die engl. 111 und die deutsche 106 Min.)

Im Gegensatz zu EVE wurde der deutsche Leser bei LEON MORIN, PRETRE über die Bearbeitung unterrichtet. (Enno Patalas: Das Komplott der Leisetreter; Filmkritik 8/1963, S. 354) Dieser Film ist übrigens ein gutes Beispiel für die oft reibungslose Kooperation der einzelnen Stellen. War der Verleih lediglich um die Einhaltung politischer Tabus bemüht, berücksichtigt die FSK konfessionelle Empfindlichkeiten.

Übel mitgespielt wurde fast allen Filmen Luchino Viscontis. Hatte die italienische Staatszensur SENSO wegen seiner subversiven Tendenzen bereits arg verstümmelt, fehlten die unbarmherzigen Szenen der Schlacht von Custozza dann in Deutschland völlig. Das politische Stück wurde auf eine private Liebesgeschichte reduziert. Sein Film OSSESSIONE wurde um 15 Minuten gekürzt, und IL GATTOPARDO wird in der Bundesrepublik vorsichtshalber gleich in zwei Fassungen ausgeliefert. Die "nur" um 34 Minuten gekürzte Langfassung hat das Prädikat "besonders wertvoll", die um 63 Minuten gekürzte Fassung immerhin noch das Prädikat "wertvoll" erhalten.

Erotik im Film, bei uns generell Anlass für Beanstandungen, ist bisher als Motiv noch nicht genannt worden. Es ist kaum zu glauben, wie leicht das sittliche Empfinden der Bundesbürger verletzt werden kann. Was fünf AFRICA ADDIO oder KOLBERG nicht vermögen, erreicht ein ÄLSKANDE PAR mit Leichtigkeit. Die Liste der Filme, die nur wegen einer mehr oder minder freizügigen Liebesszene oder einer nur teilweise bekleideten Darstellerin die Gemüter erregten, ist endlos. (Als Beispiele, die in der Liste nicht aufgeführt sind, seien genannt "Eine verheiratete Frau" D 95/F 100, "Verschwiegene Spiele" D 97/F 100, MASCULIN-FEMININ D 104/F 110, "Halbelf in einer Sommernacht" D 84/F 90, "Liebesnächte in Rom" D 97/1 113, "Das süsse Leben" D 177/1 179, "Ich liebe, Du liebst" D 97/1 132, "Ich - eine Frau" D 88/S 98, "Die Schlange" D 94/S 97. Selbstverständlich sind alle Filme erst ab 16 Jahren freigegeben.)

Nichts provoziert die allzeit auf der Lauer liegenden Kritiker des Films so schnell wie ein nackter Busen. So musste nur wegen der Liebesszenen in Resnais' LA GUERRE EST FINIE ein kleiner und keineswegs finanzkräftiger Verleih bis vor den Rechtsausschuss gehen, um vor, kleinlichem Muckertum bewahrt zu bleiben. Eine Analyse der in der Bundesrepublik geschrittenen, im europäischen Ausland aber unbeanstandet gebliebenen Szenen und Dialoge dieser Art wäre sicher aufschlussreich. Wahrscheinlich müsste man danach annehmen, die Bevölkerung unserer Nachbarstaaten bestehe im wesentlichen aus Sittenstrolchen.

Unvergessen bleibt der Sturm der Entrüstung gegen die beiden schwedischen Filme "Das Schweigen" und "491". Hier zeigte sich, gegen was die mit Unterstützung der Kirchen und gewisser politischer Gruppen operierenden pressure groups wie Volkswartbund, Katholische Aktion und Bürgeraktion Saubere Leinwand in Wirklichkeit ihren Einfluss geltend zu machen gewillt sind, über diese Aktionen meint Prälat Maier vom Erzbischöflichen Ordinariat München: "Die Aktion Saubere Leinwand richtet sich nicht gegen einen bestimmten Film, sondern dagegen, dass Schmutz und Sittenlosigkeit drapiert (!) mit einem brüchigen Feigenblatt angeblicher Kunst ständig die Würde des Menschen angreift und die Kinos überflutet." Er kommt zu dem Ergebnis, dass "der Staat, wenn es sein muss, rigoros das im Grundgesetz verankerte Sittengesetz und die Würde des Menschen zu verteidigen hat - mit staatlichen Mitteln, mit staatlichen Einflussmöglichkeiten." (Anton Maier: Ich lasse mich Spiesser nennen; Münchener Abendzeitung v. 3. 5. 65, S. 9)

Damit wird offenkundig, dass bei den Verfechtern einer Zensur noch immer die Meinung vorherrscht, das Gros der Staatsbürger müsse in seiner Unmündigkeit geschützt werden; geschützt nicht nur, weil sie unmündig sind und die Folgen ihres Tuns nicht überschauen können, sondern auch, damit sie unmündig bleiben. Richten sich diese Aktionen nun wirklich nur gegen das "Niedrig-Schmuddelige" oder vielmehr gegen jene kritischen Filme, die sich "drapiert mit einem brüchigen Feigenblatt angeblicher Kunst" womöglich ernsthaft mit den bürgerlichen Tabus auseinandersetzen? Heinz Ungureit schreibt: "Sollte sich hier etwa doch ein allgemeiner (organisierter) Unmut über Tendenzen Luft machen, die dem Bürgertum an die Substanz gehen, an die Übereinkunft der sogenannten "sittlichen Grundordnung', die zwar längst ein Phantom ist, gegen die man im stillen selber gerne verstösst, die man in Feiertagsreden aber immer wieder beschwört? Es gibt keine politische, militärische, moralische Schande, die dieses Bürgertum nicht bereitwillig mitgetragen und mitverziehen hätte. Nur dass Sexus, sofern er nicht der Zeugung in der kirchlich sanktionierten Ehe dient, sündhaft sei und verboten gehöre, daran hat es kaum je einen Zweifel gegeben. Kein kriegsbeschönigender, autoritärer, nazistischer Film hat je den Bürgerzorn so erregt, wie eine einzelne "Sünderin", "Das Schweigen", "491". Nicht die James-Bond-Seuche, die mit widerlicher Brutalität unsere Kinos verpestet, ist Gegenstand des bürgerlichen Unwillens, sondern der Busen von Sophia Loren, der andererseits einem Millionenheer bürgerlicher Illustriertenleser nicht nur als Kaufreiz dient." (Alle James-Bond-Filme sind frei ab 16, in keinem Fall ist die deutsche Fassung gekürzt worden. 1. "James Bond Jagt Dr. No", D 109/E 105 Min., 2. "Liebesgrüsse aus Moskau", D 116/E 116 Min., 3. "Goldfinger" D 109/E 109 Min., 4. "Feuerball" D 132/E 125 Min.
Heinz Ungureit: Saubere Bürgeraktlonenn; Filmkritik 5/1965, S. 249)

Es liegt in der Natur der Sache, dass Zensurabsichten immer und überall geleugnet werden. Nicht immer aber sind Urheber und Motiv wie im Falle offiziell erteilter Schnittauflagen eindeutig zu bestimmen. Als typisches Beispiel, wie die FSK in diffizileren Fällen vorgeht, sei abschliessend der Fall des Films "Gefahr aus dem Dunkel" erwähnt, dessen von Harold Pinter stammende Dialoge bis zur Unverständlichkeit bearbeitet wurden. (THE QUILLER MEMORANDUM; British Monthly Film Bulletin 1/1967 S. 5. ;Dt. Fassung 101 - engl. 103 Min.) Der Film handelt von zwei britischen Geheimagenten, die in Berlin einer neonazistischen Untergrundorganisation auf die Spur kommen und deshalb ermordet werden. Agent Quiller soll das Versteck ausfindig machen. Dass die deutsche Version keinen Hinweis mehr enthält, was für eine Organisation da in Berlin am Werke ist und welche politischen Ziele sie verfolgt, verdanken wir der FSK. So schreibt denn der Katholische Filmdienst: "Ein Spezialagent des britischen Geheimdienstes wird nach Berlin entsandt, um die Zentrale der Feindorganisation ausfindig zu machen _... nicht nur diese einfallslose und undifferenzierte Typologie auch die Unbekümmertheit, mit der hier Spionage betrieben wird, _... lässt vermuten, dass Pinter und Anderson in ihrer Freizeit nur Agentenromane vom Typ Jerry Cotton oder Ian Fleming lesen". (Kathol. Filmdienst v. 15. 3. 1967) Der deutsche Verleih war, so berichtet Wendt, (Entnazifizierung; Die Zelt v. 3. 3. 1967) ohnehin entschlossen, gewisse Milderungen im Dialog vorzunehmen. Er wurde aller Überlegungen, wie viele von Pinters Sätzen und welche man "bearbeiten" solle, durch einen deutlichen Wink der FSK enthoben, deren Gutachter erklärten, in der vorgelegten Form würden sie den Film niemals freigeben. Der Verleih, von vornherein resignierend _... operierte, wie es ihm nahegelegt wurde: Nazis raus. Die FSK hat eine euphemistischere Erklärung zur Hand. Man habe überhaupt keine einzige Auflage gemacht, man habe lediglich ein 'Gutachten' erstattet. Man habe zu 'bedenken' gegeben, sagt Ausschussvorsitzender Dr. Krüger, ob die simplifizierende Darstellung einer rechtsradikalen Organisation in einer realen Filmhandlung dem unbefangenen Zuschauer nicht falsche Schlüsse nahe legen könne. Der Verleih, einsichtig, habe sich diesem Gutachten angeschlossen." (Dies befürchtet natürlich auch der Evang. Filmbeobachter, vgl. Kritik des Films in Nr. 8/1967, S. 98)

Quod erat demostrandum!

Da, wie erwähnt, die Information über die Verstümmelungen ausländischer Filme von vielen deutschen Filmkritikern sträflich vernachlässigt wird, hat der Verfasser als grobe Orientierung über das Ausmass dieser Eingriffe eine 300 Titel umfassende Liste gekürzter Filme zusammengestellt, die trotz ihres Umfangs keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben kann. Die Auswahl der Filme erfolgte aus grundsätzlichen Erwägungen, nicht ausschliesslich unter filmkünstlerischen Gesichtspunkten. Es sollte vielmehr der Beweis erbracht werden, dass Zensureingriffe bei Filmen leider nicht auf Einzelfälle beschränkt bleiben. Aufgenommen wurden Filme, deren Laufzeit in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern um mindestens drei Minuten differiert, was bei einer Bildgeschwindigkeit von 24 Bildern in der Sekunde etwa 100 m Film (35 mm) entspricht.       Dieter Schadt
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Abkürzungen: FSK = Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft KFD = Katholischer Filmdienst D = Deutschland; F = Frankreich; S = Schweiz; E = England; B = Belgien; I = Italien [Die Spaltenüberschriften stehen immer vor dem Länderbeginn, nur bei Frankreich - wegen der vielen zitierten Filme - noch einmal in der Mitte.]

Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Italien  
England
Anna Karenina / ANNA KARENINA, 1947 - Julien Duvivier 16 2EE 106 128 121 - - - -
Der Diener / THE SERVANT, 1963 - Joseph Losey 18 3 114 118 116 115 115 - -
Expresso Bongo / EXPRESSO BONGO, 1959 - Val Guest 16 2 101 95 - 111 107 - -
Gebrandmarkt / THE MARK, 1960 - Guy Greene 16 2EE 93 131 113 127 124 - -
Der Griff aus dem Dunkel / NIGHT MUST FALL, 1963 - Karel Reisz 18 2E 93 - 93 105 - - -
Herr im Haus bin ich / HOBSONS CHOICE, 1953 - David Lean 12 - 98 104 105 - - - -
Das indiskrete Zimmer / THE L - SHAPED ROOM, 1962 - Bryan Forbes 16 2E 122 124 125 142 - 125 -
Der Komödiant / THE ENTERTAINER, 1960 - Tony Richardson 16 2EE 96 90 104 104 96 - -
Im Land der langen Schatten / THE SAVAGE INNOCENTS, 1959 - Nicholas Ray 16 2E 107 90 113 - - 110 -
Lawrence von Arabien / LAWRENCE OF ARABIA, 1962 - David Lean 12 2 213 203 213 222 209 221 -
Lockender Lorbeer / THIS SPORTING LIFE, 1962 - Lindsay Anderson 16 2E 122 135 134 134 - 129 -
Lord Jim / LORD JIM, 1964 - Richard Brooks 12 - 143 - 157 154 - - -
Lord Nelsons letzte Liebe / LADY HAMILTON, 1939 - Alexander Korda 12 2E 111 123 - - - - -
Manuela / MANUELA, 1957 - Guy Hamilton 12 2 89 87 93 95 - - -
Moulin Rouge / MOULIN ROUGE, 1952 - John Huston 16 - 115 118 - - - 118 -
Richard III / RICHARD III, 1955 - Laurence Olivier 16 2J 139 163 132 - 139 155 -
Schlafzimmerstreit / THE PUMPKIN EATER, 1963 - Jack Clayton 18 - 110 118 101 118 110 - -
Der Schlüssel / THE KEY, 1958 - Carol Reed 12 2 126 125 - 134 88 105 -
Sommer der Verfluchten / THE SINGER, NOT THE SONG, 1960 - Roy Baker 16 2J 118 132 113 132 122 - 132
Der Verdammte der Meere / BILLY BUDD, 1961 - Peter Ustinov 12 - 116 123 123 125 113 112 -
Walzer der Toreros /WALTZ OF THE TOREADORS, 1961 - John Guillermin 18 2E 100 104 105 102 105 105 -
Zulu / ZULU, 1963 - Cy Endfield 16 - 103 - 138 135 - - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Italien  
Frankreich
Der Abtrünnige / LE DEFROQUE, 1953 _ Lev Joannon 16 - 103 116 120 - 117 - -
Affaire einer Nacht / L' AFFAIRE D' UNE NUIT, 1960 - Henri Verneuil 18 - 95 94 102 - 99 - -
Die Affairen von Madam M. / MAXIME, 1958 - Henri Verneuil 16 - 87 124 123 - 124 93 -
An einem heissen Sommermorgen / PAR UN BEAU MATIN D' ETE, 1964 - Jacques Deray 16 - 98 - 108 - - - -
Auf den Strassen von Paris / LA FETE A HENRIETTE, 1953 - Julien Duvivier 16 - 99 118 117 - - - -
Auge um Auge / OEUIL POUR OEUIL, 1956 - Andr‚ Cayatte 16 - 101 113 113 95 99 - -
Ausser Atem / A BOUT DE SOUFFLE, 1959 - Jean-Luc Godard 18 - 90 87 95 90 89 - -
Die Beichte ihres Lebens / MANEGES, 1949 - Yves All‚gret 18 3 80 90 - - - - -
Das Bett des Königs / VIVE HENRI IV, VIVE L' AMOUR, 1961 - Claude Autant-Lara 18 - 87 118 99 - - - -
Bittere Frucht der Liebe / LES LIONCEAUX, 1959 - Jacques Bourdon 16 2E 82 88 88 92 84 - -
Blick von der Brücke / VU DU PONT, 1961 - Sidney Lumet 16 2 114 117 118 114 117 - -
Die blonde Sünderin / LA BAIE DES ANGES, 1962 - Jacques Demy 18 - 83 85 83 85 86 - -
Blume der Nacht / LA MARGUERITE DE LA NUIT, 1955 - Claude Autant-Lara 16 - 104 128 - - 128 - -
Bonbons mit Pfeffer / DRAGEES AU POIVRE, 1963 - Jacques Baratier 18 - 91 94 93 91 94 - -
Brennende Haut / LA RECREATION, 1960 - Franz Moreuil 18 2EE 84 89 87 86 87 - -
Cartouche, der Bandit / CARTOUCHE, 1961 - Philipe de Broca 12 2J 114 114 127 97 117 - -
De l' amour / DE L' AMOUR, 1964 - Jean Aurel 18 - 84 90 85 97 90 - -
Des anderen Weib / LA FEMME DU BOULANGER, 1938 - Marcel Pagnol 12 - 105 - 139 - 117 - -
Eddie, Blüten und Blondinen/CES DAMES S' EN MELENT, 1964 -Raoul Andr‚ 16 - 88 94 - - - - -
Eddie krault nur kesse Katzen / LES FEMMES D' ABORD 1962 - Raoul Andr‚ 16 2 86 103 - - 86 - -
Ein gewisser Mr. Jo / UN CERTAIN MONSIEUR JO, 1957 - Ren‚ Jolivet 16 - 87 105 - - 109 - -
Ein toller Bobby, dieser Flic / ALLEZ, FRANCE, 1964 - Robert Dhery 6 - 83 90 94 - 88 - -
Eine Frau ist eine Frau / UNE FEMME EST UNE FEMME, 1960 - Jean-Luc Godard 18 - 83 78 90 - 80 - -
Eva / EVA, 1962 - Joseph Losey 18 - 106 116 110 155 116 - -
Eva und der Priester / LEON MORIN, PRETRE, 1961 - Jean Pierre Melville 18 - 92 125 128 117 116 - -
French Cancan / FRENCH CANCAN, 1954 - Jean Renoir 16 3 99 105 104 - 104 - -
Freuden der Grossstadt / LE TRACASSIN OU LES PLAISIRS DE LA VILLE, 1961 - Alex Joff‚ 16 2E 99 103 106 - 102 - -
Für ihn verkauf ich mich / LA FIEVRE MONTE A EL PASO, 1959 - Luis Bu¤uel 16 2E 88 97 101 104 - - -
Galia / GALIA, 1965 - Georges Lautner 18 - 101 - 104 105 - - -
Gangster, Gold und flotte Mädchen / L' APPARTEMENT DES FILLES, 1964 - Michel Deville 16 2EE 87 95 88 84 - - -
Gangster, Rauschgift und Blondinen / L' HOMME ET L' ENFANT, 1956 - Raoul Andr‚ 16 - 91 - 95 - - - -
Gaunerkavaliere / LES TRUAUDS, 1956 - Carlo Rim 16 - 86 106 98 - 99 - -
Gefährliche Liebschaften / LES LIAISONS DANGEREUSES, 1959 - Roger Vadim 18 - 102 105 110 106 106 105 -
Die Geschichte der Nana S. / VIVRE SA VIE, 1962 - Jean-Luc Godard 18 3 78 85 - 82 81 85 -
Die Geschöpfe / LES CREATURES, 1965 - AgnŠs Varda 16 - 91 105 - - - - -
Gesetz ist Gesetz / LA LOI C'EST LA LOI, 1958 - Christian Jacque 12 2J 96 95 122 - 99 - -
Das Halbblut von Saigon / MORT EN FRAUDE, 1956 - Marcel Camus 16 2 97 105 - 105 102 - -
Die Haut und die Knochen / LA PEAU ET LES OS, 1960 - Jean Paul Sassy 16 - 87 92 - 92 88 - -
Heisser Strand / L' ETERNITE POUR NOUS, 1962 - Bernard Borderie 18 4 80 92 92 94 - - -
Die Helden sind müde / LES HEROS SONT FATIGUES, 1955 - Yves Ciampi 18 2EE 98 115 - - 106 - -
Herzklopfen / LE COEUR BATTANT, 1960 - Jacques Doniol-Valcroze 16 2 82 85 - - 86 - -
Herzkönig / LE ROI DE COEUR, 1966 - Philippe de Broca 12 - 102 100 - - - - -
Hexenjagd / LES SORCIERES DE SALEM, 1957 - Raymond Rouleau 16 2E 137 145 120 143 138 - -
Der hinkende Teufel / LE DIABLE BOITEUX, 1948 - Sacha Guitry 12 2E 117 120 128 - 124 - -
Hunderttausend Dollar in der Sonne / 100 000 DOLLARS AU SOLEIL, 1963 - Henri Verneuil 16 - 108 130 124 - 124 - -
Hunger nach Liebe / LES MAUVAIS COUPS, 1960 - Fran‡ois Leterrier 18 2EE 104 110 - - 102 - -
Im Anfang war nur Liebe / CAROLINE CHERIE, 1950 - Richard Pattier 16 2EE 113 140 - - 143 115 -
Immer wenn das Licht ausgeht / POT BOUILLE, 1957 - Julien Duvivier 18 4 106 115 113 118 113 115 -
In ihren Augen ist immer Nacht / LES BIGOUTIERS DU CLAIR DE LUNE, 1957 - Roger Vadim 18 4 77 95 - 90 91 - -
Das Irrlicht / LE FEU FOLLET, 1963 - Louis Malle 18 - 108 121 108 - - - -
Karambolage / CARAMBOULAGES, 1963 - Marcel Bluwal 16 2E 88 95 88 - 88 - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Frankreich  
Die Katze / LA CHATTE, 1958 - Henri Decoin 16 2 102 105 104 104 110 108 -
Die Katze zeigt die Krallen / LA CHATTE SORT SES GRIFFS, 1959 - Henri Decoin 16 2 95 - 104 - 102 - -
Landru, der Frauenmörder von Paris / LANDRU, 1962 - Claude Chabrol 16 2EE 93 115 118 109 121 114 -
Laster und Tugend / LE VICE ET LA VERTU, 1962 - Roger Vadim 18 3 98 105 106 100 108 100 -
Lemmy Caution gegen Alpha 60 / ALPHAVILLE, 1965 - Jean-Luc Godard 16 - 93 - - - - 99 - -
Die Liebe gehört mir / LA GARCONNE, 1956 - Jacqueline Audry 18 4 92 106 99 - 99 - -
Die Liebenden / LES AMANTS, 1958 - Louis Malle 18 4 85 88 92 87 90 - -
Das Loch / LE TROU, 1960 - Jacques Becker 16 - 109 83 110 123 124 - -
Lohn der Angst / LE SALAIRE DE LA PEUR, 1952 - Henri Georges Clouzot 16 - 130 156 131 - 159 - -
Lola, das Mädchen aus dem Hafen / LOLA, 1960 - Jacques Demy 16 2 87 90 93 91 87 - 91
Lola Montez / LOLA MONTES, 1956 - Max Ophüls 16 - 102 140 - - 115 - -
Luzifers Tochter / RETOUR DE MANIVELLE, 1957 - Denys de la PatelliŠre 16 - 108 94 - - 117 - -
M.C. contra Dr. Kha / MARIE CHANTAL CONTRE LE DR. KHA, 1965 - Claude Chabrol 16 - 96 110 - - - - -
Das Mädchen mit den goldenen Augen / LA FILLE AUX YEUX D' OR, 1960 - Jean Gabriel Albicocco 18 3 90 105 - 95 95 - -
Der Mann, der sterben muss / CELUI QUI DOIT MOURIR, 1957 - Jules Dassin - - - - - - - - -
Mein Leben für die Liebe /UNE CAPRICE DE CAROLINE CHERIE, 1952 - Jean Devaivre 16 3 96 98 - 85 106 - -
Mein Onkel / MON ONCLE, 1958 - Jacques Tati 6 1 109 120 114 116 116 - -
Mit dem Rücken zur Wand / LE DOS AU MUR, 1958 - Edouard Molinaro 16 - 87 93 - 82 95 - -
Montparnasse 19 / MONTPARNASSE 19, 1957 - Jacques Becker 16 - 98 120 - - 113 - -
Mordrezepte der Barbouzes / LES BARBOUZES, 1964 - Georges Lautner 16 - 106 109 107 - 110 - -
Morphium, Mord und kesse Motten / CES DAMES PREFERENT LE MAMBO, 1957 -Bernard Borderie 16 2E 102 116 - - 102 - -
Die Nacht hat dunkle Schattem / LA NUIT DE BELLE, 1960 - Edouard Molinaro 18 2EE 88 100 104 - 103 - -
Die Nacht und die Versuchung / CLIMATS, 1961 - Stellio Lorenzi 16 2EE 103 143 126 135 115 - -
Nächte in Lissabon / LES AMANTS DU TAGE, 1954 - Henri Verneuil 18 2EE 97 123 - 112 110 - -
Nana / NANA, 1955 - Christian Jacque 18 3 106 120 120 - 120 - -
Noch nach Jahr und Tag / UNE AUSSI LONGUE ABSENCE, 1960 - Henri Colpi 12 - 86 94 98 95 95 - -
O.S.S. 117 greift ein / OSS 117 SE DECHAINE, 1963 - Andr‚ Hunebelle 16 2EE 100 110 103 - 101 - -
Opfergang einer Nonne / LE DIALOGUE DES CARMELITES, 1959 - R. L. 12 2J 106 115 117 113 113 - -
Pesthauch des Dschungels / LE MORT EN CE JARDIN, 1956 - Luis Bu¤uel 16 2EE 97 104 107 104 102 - -
Der Prozess / LE PROCES, 1963 - Orson Welles 16 2 118 125 119 118 118 118 -
Rattenfalke Amerika / LE RAT D' AMERIQUE, 1962 - Jean Gabriel Albicocco 16 - 89 95 99 - - -
Rififi / DU RIFIFI CHEZ LES HOMMES, 1954 - Jules Dassin 18 - 111 116 117 113 116 118 -
Rot und Schwarz / LE ROUGE ET LE NOIR, 1954 - Claude Autant-Lara 18 2EE 120 178 149 146 146 - -
Rote Haare - freche Lippen / JULIE LA ROUSSE, 1959 - Claude Boissol 12 2 84 92 - - 95 - -
Rote Lippen - blaue Bohnen / VOUZ PIGEZ, 1955 - Pierre Chevalier 16 2E 92 98 - - 91 - -
Das Scheusal / LA POISON, 1951 - Sacha Guitry 16 - 85 96 - - 84 - -
Ein Schloss in Schweden / CHATEAU EN SUEDE, 1963 - Roger Vadim 18 2EE 102 110 - - 90 - -
Der Schnee war schmutzig / LA NEIGE ETAIT SALE, 1952 - Luis Sastavsky 18 3 95 104 - 102 110 104 -
Schritte ohne Spur / A DOUBLE TOUR, 1959 - Claude Chabrol 18 3 94 100 102 110 97 101 -
Die Schüler / LES DRAGUEURS, 1959 - Jean-Pierre Mocky 18 - 77 81 88 75 81 - -
Die schwarze Akte / LE DOSSIER NOIR, 1955 - Andr‚ Cayatte 16 - 107 115 114 - 113 - -
Schwurgericht / JUSTICE EST FAITE, 1950 - Andr‚ Cayatte 12 2E 103 105 - - 113 95 -
Serenade fur zwei Pistolen / LES FEMMES S' EN BALANCENT, 1953 - Bernard Borderie 16 2E 105 115 - - - - -
Sie küssten und sie schlugen ihn / LES QUATRE CENT COUPS, 1959 - Fran‡ois Truffaut 16 - 95 93 - - 99 - -
Der siebente Geschworene / LE SEPTIEME JURE, 1961 - Georges Lautner 18 2E 92 105 105 - 99 - -
Das Spiel ist aus / LES JEUX SONT FAITS, 1946 - Jean Delannoy 16 2EE 87 105 - - - - -
Spione am Werk / LES ESPIONS, 1957 - Henri-Georges Clouzot 16 - 101 137 131 - 117 - -
Süsse Haut / LA PEAU DOUCE, 1963 - Fran‡ois Truffaut 16 - 112 110 118 118 106 - -
Der Tag und die Nacht / LE MIROIR A DEUX FACES, 1958 - Andre Cayatte 16 2E 91 96 98 - 99 98 -
Taifun über Nagasaki / TYPHON SUR NAGASAKI, 1956 - Yves Ciampi 12 - 99 115 - 100 113 - -
Taxi nach Tobruk / UN TAXI POUR TOBRUK, 1960 - Denys de la PatelliŠre 12 - 89 135 - 89 92 - -
Der Teufel mit der weissen Weste / LE DOULOS, 1962 - Jean Pierre Melville 18 - 95 108 110 - 109 - -
Die Unbefriedigten / LES BONNES FEMMES, 1959 - Claude Chabrol 16 2E 89 104 - 102 98 - -
Die Verachtung / LE MEPRIS. 1963 - Jean-Luc Godard 18 - 95 103 99 - 94 - -
Verbrechen aus Liebe / LE CRIME NE PAIT PAS, 1961 - G‚rard Oury 16 - 112 158 - 79 159 - -
Die Verführerin / UNE RAVISSANTE IDIOTE, 1963 - Edouard Molinaro 12 2 102 110 109 99 99 - -
Versailles, Könige und Frauen / SI VERSAILLES M'ETAIT CONTE, 1953 - Sacha Guitry 16 2E 144 160 175 158 164 152 -
Ein Weib wie der Satan / LA FEMME ET LE PANTIN, 1958 - Julien Duvivier 18 4 93 100 102 85 102 - -
Wer sind sie, Dr. Sorge? / Qlll ETES VOUS, MR. SORGE?, 1961 - Yves Ciampi 12 2 113 130 - - 135 - -
Wie Raubkatzen / LES FELINS, 1963 - Ren‚ Cl‚ment 13 2EE 97 110 97 97 98 - -
Wilde Früchte / LES FRUITS SAUVAGES, 1953 - Herv‚ Bromberger 18 2EE 88 94 - 98 98 - -
Wo bleibt da die Moral, mein Herr? / LE FARCEUR, 1960 -Philippe de Broca 18 3 85 88 87 90 87 - -
Wo der heisse Wind weht / LA LOI, 1958 - Jules Dassin 18 3 102 126 126 114 124 - -
Zärtliche, wilde Elisabeth / TENDRE ET VIOLENTE ELISABETH, 1960 - Henri Decoin 18 3 88 105 104 105 104 - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Italien
Italien
Accatone / ACCATONE, 1961 - Pier Paolo Pasolini 18 2E 115 115 117 120 117 - -
Adua und ihre Gefährtinnen / ADUA E LE COMPAGNE, 1960 - Antonio Pietrangeli 18 3 109 120 124 125 124 - -
Alle Frauen dieser Welt / LA DONNA NEL MONDO, 1963 - Gualtiero Jacopetti 18 - 106 92 113 95 110 - 107
II Bidone / IL BIDONE, 1955 - Federico Fellini 12 2 102 108 109 109 109 - -
Die Bienenkönigin / L'APE REGINA, 1963 - Marco Ferreri 18 4 88 95 93 - 92 90 -
Das bittere Leben / IL SICARIO, 1951 - Damiano Damiani 16 - 87 - 105 - - - 98
Bitterer Reis / RISO AMARO, 1948 - Giuseppe de Santis 16 2EE 102 108 110 - 106 - 109
Boccaccio 70 / BOCCACCIO 70, 1961 - Fellini, Visconti, de Sica 18 2EE 156 156 183 165 148 - 208
Cocü / IL MAGNIFICO CORNUTO, 1964 - Antonio Pietrangeli 18 3 98 109 110 - 112 - -
Congo Vivo / CONGO VIVO, 1961 - Giuseppe Benati 16 2E 96 98 - 101 - - 107
Diebe haben 's schwer / I SOLITI IGNOTI, 1958 - Mario Monicelli 12 2J 84 105 108 105 106 - -
Die mit der Liebe spielen / L'AVVENTURA, 1959 - Michelangelo Antonioni 18 2E 102 140 137 - 117 - 145
Ehen zu dritt / ALTA INFIDELTA, 1963 - Rossi, Salce, Petri, Monicelli 18 3 111 130 - - 121 - -
Europa 51 / EUROPA 51, 1952 - Roberto Rosselini 16 - 90 110 115 - - - -
Fahrraddiebe / LADRI Dl BICICLETTE, 1948 - Vittorio de Sica 12 2J 89 - 92 - - - -
Der furchtlose Rebell / VANINA VANINI, 1961 - Roberto Rosselini 16 - 114 130 - 114 - - 127
Gefährliche Nächte / I DELFINI, 1960 - Francesco Maselli 18 - 102 - 99 - - - 110
Halt mal die Bombe, Liebling / CHE GIOIA VIVERE, 1960 - R‚n‚ Cl‚ment 12 2J 115 132 117 - 117 - 91
Das Haus in der Via Roma / LA VIACCIA, 1960 - Mauro Bolognini 18 3 92 106 106 102 106 - 117
Die Helden machen Überstunden / IL FEDERALE, 1961 - Luciano Salce 12 - 100 - 99 - 91 - 106
Hölle in der Stadt / NELLA CITTA L' INFERNO, 1958 - Renato Castellani 18 2 94 98 - 105 106 - -
Hörig / SENILITA, 1961 - Mauro Bolognini 18 - 111 105 - 110 110 - 117
Ich liebe, du liebst / IO AMO, TU AMI, 1960 - Allessandro Blasetti 18 - 96 90 - 84 95 - 133
Im Namen des Gesetzes / IN NOME DELLA LEGE, 1948 - Pietro Germi 16 2 95 101 - - - - 101
In Frieden leben / VIVERE IN PACE, 1946 - Luigi Zampa 12 1 84 105 - - - - 105
Insel der verbotenen Liebe / L' ISOLA Dl ARTURO, 1961 - Damiano Damiani 18 - 92 - - 92 95 - 102
Italienische Liebhaber / LE ITALIANE E L' AMORE, 1961 ~- Ferreri Risi Vancini 18 - 99 - - 80 - - 107
Der Job / IL POSTO, 1961 - Ermanno Olmi 12 1E 92 105 106 98 - - 94
Das jüngste Gericht findet nicht statt / IL GRINDIZIO UNIVERSALE, 1961 - Vittorio de Sica 16 - 99 98 - - - - 102
Kapo / KAPO, 1960 - Gillo Pontecorvo 16 2J 99 120 116 115 117 - -
Karussell Neapel / CARUSELLO NAPOLETANA, 1954 - Ettore Giannini 12 2 101 123 116 - - 123 -
Kinder unserer Zeit / I VINTI, 1952 - Michelangelo Antonioni 18 - 93 100 93 - 99 - -
Der Leopard / IL GATTOPARDO, 1962 - Lucchino Visconti 12 2 161 185 177 161 185 - 205
Lichter des Variet‚s / LUCI DEL VARIETA, 1950 - Lattuada Fellini 16 - 87 90 84 94 91 - -
Liebe 62 / L' ECLISSE, 1961 - Michelangelo Antonioni 16 2E 121 125 - 124 115 - 125
Liebenswerte Gegner / I DUE NEMICI, 1961 - Guy Hamilton 12 - 104 104 - - - - 110
Lockende Unschuld / LA VOGLIA MATTA, 1962 - Luciano Salce 18 - 96 110 113 93 103 - 106
Luxus-Weibchen / FEMMINE Dl LUSSO, 1960 - Giorgio Bianchi 18 - 105 - - - - - 110
Das Mädchen aus Parma / LA PARMIGIANA, 1962 - Antonio Pietrangeli 18 3 97 - 115 - - - -
Mädchen im Schaufenster / LA RAGAZZA INVENTRINA, 1960 -Luciano Emmo 18 3 82 95 92 92 91 - 85
Das Mädchen La Pupa / LA PUPA, 1963 - Giuseppe Orlandini 18 4 97 - 110 107 - - -
Das Mädchen mit dem leichten Gepäck / LA RAGAZZA CON LA VALIGIA, 1960 - Valerio Zurlini 16 2E 105 120 120 96 102 - 113
Man nannte es den "grossen" Krieg / LA GRANDE GUERRA, 1959 - Mario Monicelli 16 2 95 128 139 - 132 - -
Mitgerissen / ANNI DIFICILI, 1947 - Luigi Zampa 12 2J 100 115 - - - - 114
Morgen ist es zu spat / DOMANI E TROPPO TARDE - Leonide Moguy 12 - 93 105 104 - 102 103 -
Die Müssiggänger / I VITELLONI, 1949 - Federico Fellini 16 - 102 103 - 109 - - 103
Die Nächste bitte / IL MANTENUTO, 1961 - Ugo Tognazzi 18 - 86 - 102 98 - - 99
Ossessione / OSSESSIONE, 1942 - Lucchino Visconti 18 3 103 112 108 - - - -
Paisa / PAISA, 1947 - Roberto Rosselini 12 2 97 115 - - - - 115
Die Peitsche im Genick / I COMPAGNI, 1963 - Mario Monicelli 16 2 129 - 135 130 - - -
Rocco und seine Bruder / ROCCO E SUOI FRATELLI, 1960 - Lucchino Visconti 18 2E 166 170 161 180 172 - 185
Rom - offene Stadt / ROMA CITTA APERTA, 1945 - Roberto Rossellini 16 2 99 100 101 - 106 - 104
Scheidung auf italienisch / DIVORZIO ALL' ITALIANA, 1961 - Pietro Germi 18 - 105 105 105 104 - - 118
Der Schrei / IL GRIDO, 1957 - Michelangelo Antonioni 16 2EE 110 102 - 116 90 - 115
Sehnsucht / SENSO, 1954 - Lucchino Visconti 18 2EE 101 115 121 100 110 - -
La Strada / LA STRADA, 1954 - Federico Fellini 16 2 102 94 109 - 102 115 -
Süsse Begierde / I DOLCE IGNANI, 1960 - Alberto Lattuada 18 2EE 90 100 92 91 91 - 102
Tagebuch eines Sünders / CRONACA FAMILIARE, 1962 - Valerio Zurlini 16 2 113 122 113 133 - - 122
Und dennoch leben sie / LA CIOCIARA, 1960 - Vittorio de Sica 18 2E 100 111 - 99 97 - 110
Unter glatter Haut / UN MALEDETTO IMBROGLIO, 1959 - Pietro Germi 16 2 101 116 113 114 113 - 114
Väter und Söhne / PADRI E FIGLI, 1956 - Mario Monicelli 12 2 96 108 104 104 98 - -
Verführung auf italienisch / SEDOTTA E ABANDONATA, 1963 - Pietro Germi 18 2E 118 123 118 118 118 - 123
Verliebt in scharfe Kurven / IL SORPASSO, 1962 - Dino Risi 18 - 105 105 110 - 108 - -
Verlorene Jugend / GIOVENTA PERDUTA, 1947 - Pietro Germi 16 2 60 - - - - - 86
Der Weg zurück / TUTTI A CASA, 1960 - Luigi Comencini 12 2 101 115 - - 116 - 120
Weisse Nächte / NOTTI BIANCHI, 1957 - Lucchino Visconti 16 - 97 99 101 107 - - -
Wenn das Leben lockt / GIORNATA BALORDA, 1960 - Mauro Bolognini 18 3 84 - - 102 88 - 102
Wer erschoss Salvatore G. / SALVATORE GIULIANO, 1961 - Francesco Rosi 16 2 120 135 123 123 123 - 125
Wiedersehen für eine Nacht / LA RIMPATRIA, 1962 - Damiano Damiani 18 - 100 - 115 - 104 - 114
Wilder Sommer / L' ESTATE VIOLENTA, 1959 - Valerio Zurlini 16 2EE 94 - 99 - 97 - -
Die Wölfin von Kalabrien / LA LUPA, 1952 - Alberto Lattuada 16 2EE 92 98 - 95 91 - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Sonstige  
USA
African Queen / THE AFRICAN OUEEN, 1951 - John Huston 12 - 101 106 108 - - 104 -
Amber / FOREVER AMBER, 1947 - Otto Preminger 16 - 110 - - - - 140 -
Anatomie eines Mordes / ANATOMY OF A MURDER, 1959 - Otto Preminger 18 - 148 160 - 160 160 160 -
Bis zum letzten Mann / FORT APACHE, 1948 - John Ford 6 - 84 128 - - 128 127 -
Die böse Saat / THE BAD SEE, 1956 - Mervyn Le Roy 18 2EE 116 129 136 - 128 129 -
Casablanca / CASABLANCA, 1942 - Michael Curtiz 16 - 82 95 - - - - -
Denn sie wissen nicht, was sie tun / REBEL WITHOUT A CAUSE, 1955 - Nicholas Ray 16 2 104 108 116 - 116 111 -
Duell in der Sonne / DUEL IN THE SUN, 1946 - King Vidor 16 2EE 105 135 - - 124 135 -
Ein Gesicht in der Menge / A FACE IN THE CROWD, 1957 - Elia Kazan 16 - 102 123 131 - 132 126 -
Ein Mädchen vom Lande / THE COUNTRY GIRL, 1954 - George Seaton 16 - 101 100 - 105 - 104 -
Ein Mann wird gejagt / THE CHASE, 1965 - Arthur Penn 16 - 124 120 - 122 - 133 -
Ein neuer Stern am Himmel / A STAR IS BORN, 1954 - George Cukor 12 - 149 120 - 154 139 154 -
Der endlose Horizont / THE SUNDOWNERS, 1959 - Fred Zinnemann 12 1E 121 127 134 124 131 133 -
Engelsgesicht / ANGEL FACE, 1952 - Otto Preminger 18 - 88 - - - - 90 -
Entscheidung vor Morgengrauen / DECISION BEFORE DAWN, 1950 - Anatole Litvak 12 2J 113 102 - - - 119 -
Es wird immer wieder Tag / THE HIGH AND THE MIGHTY, 1954 - William Wellman 12 - 118 145 127 146 - 147 -
Fenster ohne Vorhang / NO DOWN PAYMENT, 1957 - Martin Ritt 16 2E 101 105 - 110 98 105 -
Freud / FREUD, 1961 - John Huston 18 2E 120 140 - 120 120 139 -
Früchte des Zorns / THE GRAPES OF WRATH, 1940 - John Ford 12 - 107 120 129 - - 140 -
Geächtet / THE OUTLAW, 1943 - Howard Hughes 12 2EE 118 87 - - - 124 -
Gottes kleiner Acker / GOD'S LITTLE ACRE, 1958 - Anthony Mann 18 3 111 110 114 111 115 118 -
Das grausame Auge / THE SAVAGE EYE - Strick / Meyers / Maddow 18 - 65 70 - 69 68 - 68
Gypsy, Königin der Nacht / GYPSY, 1962 - Mervyn Le Roy 18 2EE 91 83 - 155 143 88 149
Die Hafenkneipe von Tahiti / DONOVAN'S REEF, 1962 - John Ford 12 2J 101 - - - 108 107 1O9
Haie der Grossstadt / THE HUSTLER, 1961 - Robert Rossen 16 2E 118 134 135 135 123 135 -
Hollywood Story / THE BIG KNIFE, 1959 - Robert Aldrich 16 - 112 110 - - 120 111 -
Inferno und Ekstase / THE AGONY AND THE ECSTASY, 1964 - Carol Reed - - 126 - - 139 - - -
Jenseits von Eden / EAST OF EDEN, 1955 - Elia Kazan 16 - 110 105 - - 114 - 115 -
Die jungen Löwen / THE YOUNG LIONS, 1958 - Edward Dmytryk 16 2J 162 162 - 167 165 167 -
Die Katze mit dem roten Haar / THE QUIET MAN, 1952 - John Ford 6 - 105 127 - - 128 129 -
Küss mich, Dummkopf / KISS ME, STUPID, 1964 - Billy Wilder 18 4 124 131 - 124 - - -
Die Lady von Shanghai / LADY FROM SHANGHAI, 1948 - Orson Welles 16 2EE 82 90 87 - - 87 -
Leih mir deinen Mann / GOOD NEIGHBOR SAM, 1963 - David Swift 16 2J 116 - 130 111 - 130 -
Das letzte Hurrah / THE LAST HURRAH, 1958 - John Ford 12 2J 99 110 - 122 120 121 -
Machen wir 's in Liebe / LET 'S MAKE LOVE, 1960 - George Cukor 12 2 109 118 119 118 117 118 -
Der Mann aus Philadelphia / THE YOUNG PHILADELPHIAN, 1959 - Vincent Sherman 16 2 124 136 139 - 120 130 -
Mein Bruder - ein Lump / ALL FALL DOWN, 1961 - John Frankenheimer 16 2 102 110 - 110 112 - -
Das Narrenschiff / SHIP OF FOOLS, 1964 - Stanley Kramer 16 - 144 - 149 149 150 - -
Plädoyer fur einen Mörder / MAN IN THE MIDDLE, 1963 - Guy Hamilton 12 - 93 92 99 - - - -
Plötzlich im letzten Sommer / SUDDENLY LAST SUMMER, 1959 - Joseph L. Mankiewicz 16 - 114 115 - - 121 114 -
Reise ins Ungewisse / NO HIGHWAYS IN THE SKY, 1951 - Henry Koster 12 - 90 99 - - - 98 -
Ruf nicht zu laut / ONE POTATO TWO POTATO, 1964 - Larry Peerce 12 - 86 92 89 - - - -
Schatten / SHADOWS, 1958 - John Cassavetes 16 - 81 - 81 81 81 82 -
Der schwarze Sergeant / THE TRIAL OF SERGEANT RUTLEDGE, 1959 - John Ford 12 - 111 118 - - 113 - -
Sierra Charriba / MAJOR DUNDEE, 1964 - Sam Peckinpah 12 - 120 - 134 120 135 134 -
Das Tagebuch der Anne Frank / THE DIARY OF ANNE FRANK, 1959 - George Stevens 12 2J 151 155 168 171 164 180 -
Der Tiger von New York / KILLER'S KISS, 1955 - Stanley Kubrick 16 2EE 63 67 - 64 - 67 -
Die Unbezwingbaren / AMERICA AMERICA, 1963 - Elia Kazan - - 119 168 - - - 168 -
Wenig Chancen für morgen / ODDS AGAINST TOMORROW, 1959 - Robert Wise 16 2 96 93 107 96 89 - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Sonstige  
CSSR
Die Liebe einer Blondine / LASKY JEDNE PLAVOVLASY, 1965 - Milos Forman 16 - 83 - 92 - - - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Sonstige  
Dänemark
Der Tag der Rache / DIES IRAE, 1943 - Carl Theodor Dreyer 16 - 94 105 98 100 - - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Sonstige  
Finnland
Der unbekannte Soldat / TUNTEMATON SATILAS, 1954 - Edvin Laine 16 - 104 - 141 132 110 - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Sonstige  
Griechenland
Junge Aphroditen / NIKES APHRODITES, 1962 - Nikos Koundouros 18 3 84 - 99 - - - -
Die roten Laternen / KOKKINA FANARIA, 1963 - Vassili Georgiades 18 - 102 120 - 119 103 - -
Sonntags nie / POTE TIN KYRIAKI, 1959 - Jules Dassin 18 3 87 90 92 92 91 - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Indien
Indien
Zwei Augen, zwölf Hände / DO ANKHEN BARAH HAATH 1957 - R. Shantoram 12 - 102 - - - - - 137
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Japan
Japan
Barfuss durch die Hölle / NINGEN NO JOKEN I, 1958 - Masaki Kobayashi 18 - 158 - - - - - 208
Barfuss durch die Hölle / ZOKU NINGEN NO JOKEN, 1958- Masaki Kobayashi 16 - 111 - - - - - 181
Die Frau in den Dünen / SUNA NO ONNA, 1964 - Hiroshi Teshigara 18 - 122 - - 127 124 - -
Freunde bis zum letzten / BIRUMA NO TATEKOTO, 1956 - Kon Ichikawa 12 - 96 98 - 116 120 - -
Harakiri/ SEPUKKU, 1962 - Masaki Kobayashi 18 2E 114 135 134 134 139 - 135
Das Höllentor /JIGOKUMOU, 1953 - Tenosuke Kinugasa 12 - 89 - - 90 - 95 -
Ihr Körper / RATAI, 1962 - Masashige Narusawa 18 - 79 - - - - - 98
Die nackte Insel / HADAKA NO SHIMA, 1960 - Kaneto Shindo 6 1 93 91 99 92 88 - -
Nobi / NOBI, 1959 - Kon Ichikawa 18 - 101 100 - 108 - - 104
Der Rikschamann / MUHOMATSU NO ISSHO, 1958 - Hiroshi Inagaki 6 - 86 - - 101 - - 104
Tokio 1964 / TOKYO OLYMPIAD, 1964 - Kon Ichikawa - - 87 - - - 126 - -
Und dann kam das Ende / NINGEN NO JOKEN III, 1960 - Masaki Kobayashi 16 2 143 - - 181 - - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Jugoslawien
Jugoslawien
Der neunte Kreis / DEVETI KRUG, 1960 - France Stiglio 12 2J 89 95 105 103 - - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Polen
Polen
Legionäre / POPIOLY, 1965 - Andrzej Wajda 16 - 145 - - - - - 193
Nachtzug / POCIAG, 1959 - Jerzy Kawalerowicz 12 2 97 110 101 90 101 - 101
Pharao / FARAON, 1965 - Jerzy Kawalerowicz 16 - 170 - - - - - 246
Das schielende Glück / ZEZOWATE SZCZESCIE, 1960 - Andrzej Munk 16 - 113 - - - 117 - 121
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Schweden
Schweden
Liebende Paare / ALSKANDE PAR, 1964 - Mai Zetterling 18 - 109 120 118 - - - -
Sehnsucht der Frauen / KVINNORS VANTAN, 1952 - Ingmar Bergman 18 - 98 108 108 105 109 - -
Die Verkommenen / MOIANERA, 1965 - Arne Mattson 18 - 96 - - 100 - - -
Verschwiegene Spiele / NATTLEK, 1966 - Mai Zetterling 18 - 97 100 - - - - -
Zeit mit Monika / SOMMAREN MED MONIKA, 1952 - Ingmar Bergman 18 3 85 - 96 97 - - 96
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   Spanien
Spanien
Der Tod eines Radfahrers / LA MUERTE DE UN CICLISTA, 1955 - Juan Antonio Bardem 16 - 85 100 - - 91 - -
Viridiana / VIRIDIANA, 1961 - Luis Bu¤uel 18 2EE 88 91 91 91 91 - -
Titel / O-Titel, Jahr - Regie FSK KFD D   F   S   E   B   USA   UdSSR
UdSSR
Hamlet / HAMLET, 1964 - Grigorij Ksinzew 12 - 147 150 - 150 - - -
Der Idiot / NASTASIA FILIPOVNA, 1958 - Iwan Pyriew 16 - 100 130 - 124 124 - -
Iwans Kindheit / IWAN0W0 DETSTWO - Andrej Tarkowski 16 - 95 85 95 - 103 - -
Klarer Himmel / TSCHISTOJE NEBO, 1962 - Grigorij Tschuchrai 12 2 97 105 - 110 - - -
Der stille Don I / TICHI DON, 1957 - Sergej Gerassimow 16 2 103 100 - 109 - - -

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Die optische Aufwertung der Dingerscheinungen

Ein qualifiziertes Merkmal der Fotografie von besonderem Gewicht besteht darin, dass in dem die Erscheinungen "total" erfassenden technischen Bild die Dinge stärker zur Geltung kommen als in allen anderen Medien der Weltdarstellung. Diese Eigenschaft der Fotografie ist unseres Wissens eigentlich erst in der Filmfotografie, beim kontrastierenden Vergleich des Films mit dem Theater, aufgefallen. In dem Mass, wie der Kunstfilm sich von den Übungen des Bühnenspiels lossagte, hat er, zunächst den Eingebungen der Praxis folgend, bald aber aus formulierter Einsicht dieser charakteristischen Eigenschaft Raum gebend, die Dinge neben dem Menschen mehr und mehr ins Spiel gebracht.

Nach dem stilgeschichtlich ersten beispielhaften Fall dieser Art wird man klugerweise nicht fragen wollen, aber sicher wäre hier mit an erster Stelle Griffith zu nennen.

Bei den grossen Russen sind die Bilder der Dinge dann bereits vielfach verwendeter integrierender Bestandteil der Bilderzählung. In der berühmten Szene auf der Hafentreppe von Odessa in Eisensteins "Panzerkreuzer Potemkin" wechseln, wie etwa Sadoul in seiner Filmgeschichte beschreibt, die "lebenden Modelle" ab mit eindrucksvollen "toten" Gegenständen: die Stiefel der Weissgardisten, die Treppenstufen, ein Eisengitter, ein Säbel, ein steinerner Löwe. So auch bei Pudowkin, bei dem "neben dem Menschen der Gegenstand eine bedeutende Rolle einnimmt", zum Beispiel in dem Film "Die Mutter" eine zerbrochene Uhr, die Stiefel der Gendarmen, eine Brücke, ein Stein, die weit mehr als zur dienenden Funktion von Requisiten, zum Träger symbolischer Ausdruckswirkungen bestimmt werden. (Sadoul, Geschichte des Films, S. 163, 185.) Die Dinge in die kalkulierte Bildwirkung einzubeziehen, ja sie zum Mitfaktor des Spielgeschehens zu machen ist seitdem zur fast selbstverständlich gehandhabten Kunstregel geworden. Wie Kracauer es treffend beschreibt: "Der Drang, Hüte und Stühle in den Rang von ausgewachsenen Akteuren zu erheben, hat niemals gänzlich nachgelassen. Von der heimtückischen Rolltreppe, den ungebärdigen Murphy-Betten, den verrückten Automobilen der Stummfilmkomödie bis zum Kreuzer Potemkin, den Ölbohrturm in LOUSIANA STORY und der schlampigen Küche in UMBERTO D, ist eine lange Prozession unvergesslicher Objekte über die Leinwand gezogen - von Objekten, die als Protagonisten auftreten und fast die übrige Besetzung überschatten." (Kracauer, Theory of Film, S. 45)

Auch die Doktrin hat schon bald in der Fähigkeit der Kamera, die Dinge in den Blick zu bringen, einen Wesenszug der Filmfotografie gesehen. So berichtet Balázs von Urban Gad, dem namhaften dänischen Filmregisseur, der in seinem "geistvollen und kenntnisreichen Buch" die Meinung vertrat, dass - wir erkennen die Diktion jener frühesten Filmliteratur - jeder Film irgendeine spezifische Szene der Natur darstellen muss, die, da sie die Menschen, die in ihr leben, beeinflusst, selbst als Gegenspieler auftritt und in das Leben, in das Schicksal der Menschen eingreift. So erschiene ein neuer Darsteller im fotografierten Theater: (Balázs, Der Film, S. 15 f.) die Natur Balázs, kommentierend, spricht von einer "Dramatisierung" der Naturerscheinungen. Ein neuer Partner tritt zu den dramatis personae des Filmspiels hinzu: die Natur selbst. Guido Aristarco fasst in seiner Geschichte der Filmtheorie die Bestrebungen des "integralen Films", in dessen Geist die meisten Richtungen des experimentierenden Films der zwanziger Jahre übereinstimmen, in fünf Leitsätzen zusammen, unter Punkt 5 folgende: "Die filmische Handlung soll sich nicht auf menschliche Wesen beschränken, sondern sich auf den Bereich der Natur _... ausdehnen". (Zitiert nach Agel, Esthétique. S. 13.) In Edgar Morins Buch finden wir dann eine umfängliche Sammlung theoretischer Äusserungen zu dieser Sache. So schreibt nach dem Bericht Morins ein gewisser L. Landry : "Das Lichtspiel behauptet seine Überlegenheit über alle anderen Künste in allen Fällen, wo der Rahmen als Mitspieler oder sogar als Hauptdarsteller betrachtet werden muss". Dann Pudowkin: "Eine besondere Aufmerksamkeit muss der besonderen Rolle gewidmet sein, die in den Filmen von den Gegenständen gespielt wird." Seit dem ersten Othello-Film "scheinen die Hauptrollen Desdemonas Taschentuch und Jagos und Othellos Dolchen zuzufallen" (Max Noldau). "Auf der Leinwand gibt es keine leblosen Stilleben mehr: ein Verbrechen wird ebensosehr mit dem Revolver wie von der Hand oder der Krawatte des Mörders begangen" (Bilinsky). (Morin, Der Mensch und das Kino, S. 79. Dort auch das vorstehende Zitat aus Balázs.)

Die geradezu osmotisch enge Berührung von stofflicher und humaner Welt im Filmbild bringt Phänomene optischer Grenzüberschreitungen nach beiden Richtungen hervor. Auf selten der dinghaften Erscheinungen ist es ein Anthropomorphismus, der "danach strebt, die Dinge mit menschlicher Gegenwärtigkeit zu erfüllen" (Morin). (Morin, S. 81) Es wird sich kaum mehr feststellen lassen, von wem dieser Begriff in der Filmtheorie eingeführt worden ist. Balázs jedenfalls verwendet ihn bereits: "Der Film enthüllt das anthropomorphische Gesicht jedes Dinges". (Morin, S. 79) In seinem letzten Buch, in dem er seine filmtheoretischen Arbeiten in eine systematisch geschlossene, lehrbuchhafte Form zu bringen versucht, trägt ein Kapitel die Überschrift "Anthropomorphe Welt". (Balázs, S. 97 ff.) "Der Film hat neue Welten entdeckt, die uns bisher verborgen gewesen sind: so z. B. die Seele der Umgebung des Menschen, das Antlitz der Dinge, die er berührt. Der Film liess uns die dramatische Wucht des Raumes spüren, die sprechende Seele der Landschaft, den Rhythmus der Masser" und die geheime Sprache des stummen Seins vernehmen". (Balázs, S. 43)

Wieder ist es Morin, dem wir eine fast lückenlose Anthologie des Kosmomorphie-Begriffs verdanken, in dem Abschnitt seines Buches mit der kennzeichnenden Überschrift "Auch ihr, leblose Dinge, habt also Seele!": Im Theater wüssten und spürten wir, dass Dinge und Kulissen, die oft auch symbolisch dargestellt sind, nur Zubehör sind. "Der Film _... bemächtigt sich der täglich herumgestossenen, verachteten Dinge, die gewohnheitsmässig als Werkzeuge gebraucht werden, und erweckt sie zu neuem Leben. "Die Dinge waren wirklich, jetzt erst werden sie gegenwärtig (Cohen-Seat)". Balázs habe gesagt, dass die Grossaufnahme "die Seele der Dinge enthüllt", und Eppstein, Pudowkin, alle, die vom Film gesprochen haben, hätten die gleichen Empfindung ausgedrückt. Das Lichtspiel "vermag einer Schänke, einem Zimmer, einer Flasche, einer Wand Seele zu geben" (René Clair). "Die Gegenstände beginnen zu leben, zu spielen, zu sprechen, zu handeln". Morin bezieht sich hier auf einen Bericht Balázs' über eine Szene aus dem amerikanischen Stummfilm: Die Braut entreisst sich plötzlich den Armen ihres künftigen Gatten, läuft durch einen langgestreckten Saal, wo die Hochzeitsgeschenke ausgestellt sind. Die Gegenstände lächeln ihr zu, rufen sie, strecken die Arme nach ihr aus* Sie verlangsamt den Schritt, bleibt stehen und kehrt schliesslich zurück. Auf der Suche nach einer tieferen Begründung dieser Ausdrucksqualitäten des fotografischen Bildes glaubt Morin, sie von der psychologischen Seite her, eines gewissen Animismus, geben zu können: "Die Beseelung der Gegenstände versetzt uns gewissermassen in die Welt der archaischen Schau zurück oder auch in die Sehweise des Kindes." Eppstein und auch L. Landry hätten scharfsinnig bemerkt, dass das Spiel der Dinge den Zuschauer ,zur alten animistischen oder mystischen Weltordnung zurückführt". "Die Dinge strahlen eine erstaunliche Gegenwärtigkeit aus, eine Art ,Mana', welches gleichzeitig oder abwechselnd subjektiven Reichtum, emotionale Kraft, autonomes Lebens, eigentümliche Seele bedeutet". Dieser "universale Animismus" (Etienne Souriau) sei ein ausgesprochen filmisches Phänomen, das "in keiner zeitgenössischen Kunst eine Entsprechung hat". "Alles bekommt Seele _... Die leblosen Dinge haben also Seele in dem flüssigen Universum des Films". (Morin, S. 76 ff.)

Die Reihe der theoretischen Äusserungen und der Hinweise auf filmgeschichtliche Fakten dieser Art liesse sich unschwer fortsetzen. So wird man sich an die Vertreter aller Spielarten des "absoluten Films", von Ruttmann bis Cocteau erinnern, die uns die realen Gegenstände mit dem Ausdruck einer ihnen innewohnenden, menschlichem Empfinden nahen Eigenbedeutung vorführen, namentlich dann an den surrealistischen Film, in dem die Dinge verfremdet, von unwirklichem, gespenstischem Aussehen, als stumme Sprecher der Welt des Unterbewussten agieren. Lotte Eisner hat, in der Interpretation bei Agel gezeigt, dass die im Prinzip psychologischen, kammerspielartigen Filme des deutschen Filmexpressionismus ebenso wie die Werke von phantastischem Charakter dieser Zeit übereinstimmen in der Suche nach der surrealen Atmosphäre der "Umwelt", einer mysteriösen Aura, die hinter den Erscheinungen hervorgeholt werden soll. Siegfried Kracauer hat die bildhaften Hieroglyphen dahin gedeutet, dass sie "die Struktur der Seele in Begriffen des Raumes ausdrückten", "die materiellen Gegenstände in emotionelle Elemente transformierten". (Agel, S. 61 f.) Bei Luis Buñuel sind es Tiere, vorzüglich Insekten und Vögel, in denen der Welt des Menschen die andere entgegentritt. "Die Hühner etwa mit ihrem nervösen Flügelgeflatter stellen, wie Gregor-Patalas interpretieren, eine Art heidnischer Unglücksboten dar. Als der blinde Bettler aus LOS OLVIDADOS (Die Vergessenen, 1950) von der Bande der Jungen verprügelt und gesteinigt, sein zerschlagenes Gesicht aus dem Staub der Strasse erhebt, steht ihm stumm und fatal ein Huhn gegenüber, das ihn mit einem seltsam starren Blick fixiert." (Gregor/Patalas, Geschichte des Films, S. 433)

Auch in den Filmen eines Hitchcock gibt es neben Tieren Gegenstände, mit Vorliebe solche gewöhnlichster Art. Die besondere persönliche Note dieses genialen Routiniers besteht darin, dass er "aus der Anschauung des Alltäglichen unmerklich das Grauen aufsteigen lässt. Vertraute Objekte, Telefone, Schmuckstücke, Flüssigkeiten, Brillen Worden zu Boten des heraufziehenden Unheils _... Dinge und Vorgänge, die im Handlungszusammenhang ohne Bedeutung sind, verwandeln sich durch die Einstellungsart oder die Kameraperspektive." (Gregor/Patalas, S.309)

Diesem Anthropomorphismus des Fotobildes, der die unbelebte Natur in ihren der Menschenwelt zugewandten, fast schon humanen Zügen herauskehrt, dem stummen Dasein der Dinge gewissermassen den Pulsschlag belebter Wesenheiten verleihend, stellt sich - Morin: "dunkler und schwächer" "als umgekehrtes Phänomen der Kosmomorphismus zur Seite, der die stoffliche Beschaffenheit der Natur unterstreicht. Auch dieses Phänomen tritt am auffälligsten im Film auf, im Erscheinungsbild des Filmdarstellers im Filmspiel verglichen mit denn des Schauspielers auf der Bühne. Es wird seit langem übereinstimmend dahin interpretiert, dass, während im Wortdrama der Mensch im Mittelpunkt steht, der Schauspieler die Bühne beherrscht, während die Dinge nur Requisiten sind, im Bildraum auf der Leinwand die Gegenstände mit agieren, die handelnden Personen aber zu "beseeltem Requisit" werden. Die Herkunft des drastischen Worts vom Darsteller als Requisit ist nicht zu ermitteln, aber es wird seit langem in der Literatur gern im zustimmenden Sinn benutzt. Kempe wählt es als Überschrift für "in Kapitel seines Buches. (Kempe, Film, S. 104 ff.) Für Louis Delluc war der Filmschauspieler, wie wir aus einem Zitat bei Kracauer erfahren; "nicht mehr (Kracauer, S. 45: Kracauer zitiert hier nach Henry, Le Film Français in: Cinéma, 16/17, 1926, S. 107 f.) als ein Detail, ein Fragment des Stoffes der Welt", für einen anderen Autor (Cooke, Douglas Fairbanks, S. 6. Ebenfalls bei Kracauer S. 97.) "Rohmaterial". Kracauer selbst versieht den abschliessenden Teil seines Kapitels "Bemerkungen über den Schauspieler" mit dem Titel "Objekt unter Objekten." (Kracauer, S. 97 f.)

Diese Angleichung von Mensch- und Dingbild in der Fotografie verstärkt sich bei Anwendung bestimmter Bildformate, sie erfährt eine Vervielfältigung im Film mit seinen Techniken der Bilderreihung. Aus der Erfahrung, dass der für Theaterzwecke gedichtete Mensch im Medium des Films gänzlich anders ausfällt, sind denn auch die bekannten filmdramaturgischen Anweisungen formuliert worden, die in der Grundregel zusammengefasst werden können, wonach der Schauspieler im Film nicht "spielen", sondern "dasein", nicht agieren, sondern reagieren soll. Die handelnden Personen im Bildspiel seien nicht "Schauspieler", Mimen, sondern "Darsteller". "Schauspieler braucht nur das Theater, der Film kennt nur den aufzunehmenden Gegenstand, auch wenn es sich dabei um einen Menschen handelt _... Gefahr, Erregung, Einsamkeit können auch durch die Dinge eindringlich verdeutlicht werden. Sie alle haben gleichen Rang, denn der Filmgestalter bestimmt erst durch die Grösse, die er in der Darstellung dem Ding verleiht, seine seelische Dimension und durch den Platz in den Reihenfolge der Einstellungen sein Gewicht und seinen Sinn _... auch der Mensch im Film ist nur Requisit," (Kempe, S. 138 f.) "Das Bildwerk der Bühne ist auf den Schauspieler zentriert, während der Film frei ist, auf Teilen seiner Erscheinung zu verweilen und auf Objekte um ihn herum im einzelnen einzugehen. Indem der Film seine Freiheit ausnutzt, das Unbelebte zum Vorschein zu bringen und es zum Träger des Geschehene zu machen, bekräftigt er nur seinen Anspruch, schlechthin alles - physisch Existierende, das Humane wie das Nichthumane, auszubeuten." (Kracauer, S. 45.) Das ist dann auch der Anlass für die stets von neuem unternommenen Versuche, selbst für tragende Rollen den "Mann von der Strasse" vor die Kamera zu holen, um ein Menschenbild zu gewinnen, das seinen Ausdruck rein aus der naturhaft unverbildeten Erscheinung schöpft.

Der Fotobild-, im besonderen der Filmbildeffekt nährt sich aus dem optisch suggestiven Aufweis der engen Berührungen, Überlagerungen, Vermischungen, Durchdringungen von humangeistiger und dinglich-stofflicher Erscheinung. "Im abstrakten Raum des Dramas ist die visuelle Umgebung des Menschen eben nur Hintergrund _... Im Film hingegen werden die Dinge _... soweit sie sichtbar und hörbar sind, auf die gleiche Ebene projiziert und bilden zusammen mit dem Menschen ein homogenes Bildmaterial" (Balázs). (Balázs, S. 282.) Die erregendsten Produkte der Fotografie sind Bildnisse von Mensch-Dings-Konstellationen, anthropomorpher und kosmomorpher Effekt des Fotobildes entsprechen, bedingen sich gegenseitig. "Der Film enthält Anthropomorphismus und Kosmomorphismus nicht wie zwei getrennte Funktionen, sondern als zwei Moment« oder zwei Pole ein und desselben Komplexes". So Morin, der sich nicht scheut, einen Kombinationsbegriff "Anthropokosmomorphismus" zu prägen. Oft würden Wetter, Umwelt, Ausstattung zum Gleichnis von Empfindungen, von denen die Menschen bewegt werden: "Dann sehen wir die Naturaufnahmen mit den Aufnahmen der Menschen abwechselnd, so als verbände eine gefühlsmässige Symbiose mit Notwendigkeit Anthropos und Kosmos. Anthropomorphe Gegenstände und kosmomorphe Menschen stehen im Verhältnis gegenseitiger Entsprechung, sie sagen einander gegenseitig aus _... Auf einer Eisscholle dahintreibend, wird Lilian Gish als verlassene Frau vom Hochwasser des Flusses mitgerissen (WAY DOWN EAST von Griffith, 1920), "und das menschliche Drama vermischt sich innig mit dem Drama der Elemente, deren blinde Kraft zur handelnden Person der Filmtragödie wird" (J. Manuel). Ebenso wird die Heldin ein dahintreibendes Ding. Das Hochwasser wird zum Hauptdarsteller". (Morin, S. 82 ff.) Im Aufbau des Films setzt eine der berühmten Griffithschen last-minute-rescue-Szenen ein: Die Eisscholle mit dem ohnmächtigen Mädchen auf ihr treibt dem tobenden Wasserfall zu (im Filmschnitt Aufnahme des Niagara, in der Realität die von der Kamera am oberen Rand anvisierte Schwelle des harmlosen Flüsschens), der Retter stürzt herbei, springt von Scholle zu Scholle, das Mädchen treibt schneller und schneller werdend, der Retter springt usw. (Adolfas Mekas hat dieses Finish in seinem HALLELUJAH THE HILLS, 1963, persifliert, köstlich, aber ohne eine Spur von Respekt und damit auch irgendwie humorlos)." Lange übrigens, bevor dieses Bilddokument die Aufmerksamkeit der Literatur fand, hat es sich in der Zunft als Vorbild zur Geltung gebracht. Man weiss von Pudowkin, dass er sich für die Eisgang-Sequenz seines Films "Mutter" von* diesem Musterstück hat anregen lassen (auch zu der eingangs beschriebenen Heiratszeremonie in Griffith' WAY DOWN EAST findet sich in Pudowkins "Mutter" ein Pendant in jener Szene, in der der Alte die Wanduhr demontiert, deren Teile dann vor dem Auge der Kamera zu Boden fallen).

Die vielfältig variierten und abgestuften Bildwirkungen der Fotografie, als deren extreme Effekte wir die kosmomorpher und anthropomorpher Art kennengelernt haben, erfahren ihre grösste Artikulation und Verdichtung in den Phänomenen der Aufwertung der Dingerscheinungen in der künstlerischen Weltdarstellung. Als "Aufwertung" empfinden; wir sie jedenfalls im Vergleich des Films mit den literarischen, namentlich den dramatischen Künsten, bei dem sie auch am deutlichsten zutage treten. Balázs in seinem an der Schwelle der grossen Zeit des Stummfilms geschriebenen Buch: Im Film "bekommen wir _... Dinge zu sehen, die nicht zu denken und mit Begriffen nicht zu fassen sind "Und wir bekommen sie zu sehen, was ein ganz eigenes Erleben ist". Und weiter dazu, in dem Kapitel "Die Bedeutung, der sichtbaren Dinge": "Das ist eine starke Atmosphäre, die im Film durch die grosse Rolle und Bedeutung der sichtbaren Dinge entsteht. Diese Bedeutung haben die Dinge in der Poesie, welche mehr auf einen abstrakten Sinn eingestellt ist, nicht _... In der Welt der sprechenden Menschen sind die stummen Dinge viel lebloser und unbedeutender als der Mensch _... Im Film verschwindet dieser Valeurunterschied. Dort sind die Dinge nicht so zurückgesetzt und degradiert. In der gemeinsamen Stummheit werden sie mit dem Menschen fast homogen und gewinnen dadurch an Lebendigkeit und Bedeutung." (Balázs, Der sichtbare Mensch, S. 42, 47 f.)

Man könnte einwenden, dass diese Fähigkeit nicht nur der Fotografie, sondern allgemein den Bildkünsten gegeben sei, die uns ja ebenfalls und in gewissen Sparten sogar mit Vorrang die Dinge vor Augen stellen. So hat die Malerei in ihren modernen Strömungen erneut der Welthälfte des Unbelebten besonderes Interesse zugewandt. Man denke an die Bilder eines van Gogh, in denen der Stuhl, die Schuhe, die Blumen und Bäume - Ausdruck einer anthropomorphen Sichtweise - als nahezu belebte Wesenheiten auftreten, oder etwa an die Städtephysiognomien eines Kokoschka. Das Unbelebte ist also keinesfalls ein Reservat der Fotografie, aber es ist ein Maler, Fernand Lege r, der - wie Kracauer zu berichten weiss - seine und unsere Auffassung bestätigt, dass die Fotografie eine überlegene Fähigkeit besitzt, uns für die Wahrnehmung der unbelebten Dinge empfindsam zu machen. (Kracauer, S. 20.) Die volle Aufwertung der unbelebten Kreatur in der künstlerischen Weltinterpretation war der Fotografie vorbehalten. Weit mehr als dem Malbild ist es der Fotografie gegeben, uns die unabweisbare Gegenwärtigkeit, die ständige Anwesenheit der wegen ihrer Stummheit und Unbeweglichkeit gern übersehenen Gegenstände bewusst zu machen. Die Konfrontierung mit den Dingen in ihrer krassen Eigenphysiognomie nach der jahrhundertelangen Gewöhnung an das Malbild hatte die Sensation der ersten Begegnung, sie war ein geistiges Ereignis.

Das Phänomen lässt sich unschwer erklären. Der Ansatz für eine vollausreichende Erklärung der optischen Aufwertung der Dingerscheinungen im Fotobild liegt wiederum in der technischen Natur unseres Mediums, in der gleichmässigen Präzision des technischen Abbildungsverfahrens. Keine besondere Affinität also zu den materiellen Substanzen und Strukturen, geschweige denn irgendeine Vorliebe des Apparats für die dinghaften Erscheinungen, sondern schlicht die in der Natur des Mittels begründete technische Genauigkeit, wenn man will seine Neutralität, die sich hier in der optischen Gleichstellung von Mensch- und Dingbild äussert. Die Fotolinse registriert alles Seiende in seiner sichtbaren Erscheinung, und alles Sichtbare, seien es Naturdinge oder Artefakte, ist vor ihr gleich. Die fotografische Aufnahme kann nichts auslassen, nichts im Ausdruck hervorheben oder zurücksetzen. Das "inhumane Auge der Kamera" (Epstein) panoramiert mit unveränderlichem Gleichmut über die geschöpfliche Welt, dokumentiert mit gleichbleibender Akkuratesse auch die kleinste Einzelheit. Wenn im Fotobild das Fluidum der Menschenwesen widerscheint, so auch dasjenige, das den Dingen eigen ist. Vor der Kamera sind alle stofflichen und atmosphärischen Erscheinungen von unterschiedenem Rang.

Von einer Präferenz der Fotografie für die unbelebte Natur kann also keine Rede sein. Wenn wir von einer Aufwertung der Dingerscheinungen im fotografischen Bild sprechen, so sei dies verstanden im Vergleich der Fotografie! mit den klassischen bildenden und literarischen Künsten, da und soweit diese, einer vorgefassten Weltanschauung oder einfach der Eigenliebe des Menschen folgend, die Menschenerscheinung aus den Welterscheinungen herausheben. Es sind diese Künste, voran die Wortkünste, im besonderen Mass das Theater, die dem Menschenbild eine Präferenz gegeben hauen. Jene "Aufwertung" bei der Fotografie bedeutet also nur die Korrektur der Isolierung und Überhöhung des Menschenbildes zugunsten einer Weltsicht mit einem ausgewogenen Verhältnis der Menschen und der Sachen.

Entsprechend wäre es verfehlt, die Fotografie einer Abwertung des Menschen zu bezichtigen, wie es etwa Proust getan hat, der von ihrer "depersonalisierenden Qualität" spricht. Kracauer, dem wir die Kenntnis dieser Äusserung verdanken, versieht sie denn auch zurecht mit der Note "derb". (Kracauer, S. 45.) Der Eindruck einer Abwertung ergebe sich lediglich aus dem Vergleich des Bildwerks der Bühne, in dem der Mensch als das Mass aller Dinge auftritt, mit dem Film, der "in diesem Sinn nicht mehr exklusiv menschlich ist", sondern seinen einen Gegenstand in den unendlichen Strom der sichtbaren Phänomene hat, diesen ständig wechselnden Mustern der physischen Existenz, deren Fluss die menschlichen Erscheinungen einbeziehen mag, ohne indessen in ihnen notwendig seine Steigerung zu erfahren" (Kracauer). (Kracauer, S. 97.) Wären die klassischen Künste die für alle Zeiten gültige Norm für die Darstellung des Menschen, so hätten wir es mit einer Abwertung zu tun. Lassen wir das aus gutem Grund nicht gelten, so lautet das Ergebnis des Vergleichs von Film und Theater, dass - angesehen auf die "mediale" Erscheinung und im weitesten Umfang verallgemeinert - die historisch neuartige technische Kunstübung die Ausnahmestellung des Menschen aufgehoben hat, die ihm in den historischen Künsten zuteil geworden ist.

Die Fotografie bezieht einen grossen Teil ihrer eigenartigen Wirkung aus dem optisch zwingenden Aufweis der der natürlichen Anschauung zwar blossliegenden, aber infolge jahrhundertelanger Entwöhnung übersehen und aus den klassischen Künsten verdrängten, in der, Bühnenkunst zur blossen Dekoration abgewerteten Dingwelt. In der Fotografie ist der Mensch optisches Phänomen unter anderen, ein Naturding unter Naturdingen; im Filmspiel werden die Dinge Partner des Menschen. "Zwei durchaus verschiedene Wirklichkeiten, eine seelische und eine dingliche, wurden hier miteinander verbunden und nicht nur verbunden, sondern identifiziert, ja die eine aus der anderen entwickelt" (Hauser). (Hauser, Sozialgeschichte, S. 511 f.) Die aus der Weltsicht der klassischen Künste ausgewiesene unbelebte Natur tritt wieder in ihre Rechte ein, und sie ist hier die uns verschwisterte mitgeschöpfliche Welthälfte. Die fotografische Vision der Welt ist, wie wiederholt festgestellt worden ist, kosmologisch. "Die Siebte Kunst bereichert uns, und verbindet uns mit dem kosmischen Leben", so Agel zur geistige Haltung der Avantgarde zwischen 1920 und 1930. (Agel, S. 13) Sie folgt der "Tendenz", den Menschen mit kosmischer Gegenwärtigkeit auszustatten" (Morin). (Morin, S. 81.)

Das Aufkommen der Fotografie und insbesondere dann des Films bedeutet so eine gewisse Gegenbewegung gegen die von den klassischen Künsten kultivierte homozentrisch-homogenetische Weltdarstellung. Nicht als ob die Fotografie die kosmologische Weitsicht inauguriert hätte. Eine Weltempfindung dieser Art, eine gesteigerte Aufmerksamkeit für die stoffliche Welt und für eine veränderte Auffassung und eine Bereitschaft zu einer veränderten Auffassung der Menschenrolle ist im modernen Denken weit verbreitet und hat sich in allen Künsten Ausdruck verschafft. Hören Sie etwa die Sentenzen aus Teilhard de Chardins hymnischem Lobpreis des Weltalls, die uns diese verstärkte Aufmerksamkeit für die materielle Welthälfte beredt zu dokumentieren scheinen:

Gesegnet seiest du, rauhe Materie, brache Scholle, harter Fels! Du gibst nur der Gewalt nach und zwingst uns, zu arbeiten, wenn wir essen wollen.

Gesegnet seiest du, mächtige Materie, unaufhaltsame Entwicklung, immer da werdende Wirklichkeit. Du sprengst unsere Rahmen jeden Augenblick, zwingst uns, dass wir immer ferner hinaus die Wahrheit suchen müssen.

Nimm mich fort, Materie, in jene Höhe, durch die Mühsal, die Trennung und die Tode, nimmt mich fort, auf dass ich endlich dorthin gelange, wo es mir vergönnt sein wird, in keuschen Armen das All zu umfangen. (Hymne de l' Univers, Paris 1961, S. 71 Zitiert nach: Orientierung (Zürich), (1961), S. 190.)

Die kosmologische Weltsicht ist also gewiss nicht im Bereich der technischen Bildherstellung geboren worden, wohl aber werden wir sagen können, dass sie ihr ausgezeichnetes künstlerisches Medium sind. Ein Gedanke verdient in diesem Zusammenhang geäussert zu werden: dass es die Technik ist, die lange Zeit wegen der vermeintlichen Neigung, den Menschen von der Natur zu entfremden, beargwöhnt wurde, die ihn nun mit grosser suggestiver Macht zur erneuten verstärkten Befassung mit ihr hinführt. Es ist der Fotografie wie keinem anderen Mittel gegeben, uns eindringlich und nachhaltig wirksam den Eindruck der unabweisbaren Anwesenheit der Materie, ihrer unbedingten Teilhabe an unserer Welt nahezubringen. In dem "kosmologischen" Fotobild ist sie dann - wenn wir uns erlaubten dürfen, unseren Gedanken ins Spekulative zu verlängern - nicht mehr einfach die kalte, lebensfeindliche Gegenmacht, Zone des ewigen Schweigens; sie enthüllt hier ihre andere, lebentragende und keimhaft lebenbewahrende Funktion, gibt sich zu erkennen als der abiologische Bestandteil der Ursubstanz, aus dem wir unserer physischen Natur nach herkommen und in die wir zurücksinken, Urmasse, Mutterschoss, nicht Anti-, sondern Koprinzip, Fluchtpunkt aller individuellen und sozial-kulturellen Existenz. Der Mensch als Träger des geistigen Prinzips ist ihr nicht ausgeliefert. Er bewahrt auch in der "kosmologischen" Sicht seine Auszeichnung, allerdings nicht mehr in der Weise einer Isolierung von der materiellen Welt, in den künstlerischen Spieldarbietungen nicht mehr dadurch, dass er sich als "Mittelpunkt des Dramas" darstellt, sondern, wie es Bazin in einer mit positiver Tendenz gestellten Frage ausdrückt, dass er "(eventuell) Mittelpunkt eines Universums" wird. (Bazin, Theater und Film, II. In: Qu' estce que le cinéma. II, S. 100.)       Walter Dadek

Als Auszug aus dem Buch "Das Filmmedium. Zur Begründung einer Allgemeinen Filmtheorie" bringen wir das vorliegende Kapitel mit freundlicher Genehmigung des Autors und des Verlages Ernst Relnhardt, München/Basel.

Der Autor, Dr. Walter Dadek, arbeitete an weiteren Bänden, die neben dem Hlmästhetiscften Aspekt etwa auch die finanziellen und technischen Seiten der Filmproduktion behandeln sollten. Durch seinen Tod - Dr. Dadek starb im Juni dieses Jahres - bleibt der Entwurf Fragment.
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Filmliteratur

Wolfgang Baier: Quellendarstellung zur Geschichte der Fotografie. Fotokino-Verlag, Leipzig 1965.

Wie schon der Titel sagt, wird hier der sicher ungewöhnliche Versuch unternommen, Geschichte auf eine Weise zu betreiben, von der historische Standardwerke nur profitieren könnten: das Gerüst des Stoffes - die Geschichte der Fotografie, die technische Genese und deren spekulative Theorien - wird ausgefüllt mit kulturgeschichtlichen Analysen und Dokumentationen über die Erfinder und über verwandte Wissenschaften. Leider misslingt aber dem Autor der Versuch, die Quellen selbst sprechen zu lassen, denn der auf 700 Seiten stark geraffte Text über eine hundertzwanzigjährige Entwicklung ist durch die Verschmelzung technischer und sozio-kultureller Auswirkungen zu umfangreich und differenziert geworden, als dass eine blosse Ansammlung von Dokumenten genügte, die dem chronologischen Ablauf, nicht aber einem theoretischen Auswahlprinzip gerecht zu werden versucht. Der Bereich der vertheoretisierten Industrie und ihrer kulturpolitischen Konsequenzen ist beinahe völlig unbeachtet geblieben zugunsten diverser - dokumentarischer - Klatschgeschichten, die mit wissenschaftlichem Mystizismus und lebenstüchtigem Pioniergeist - zum Wohl welcher Gesellschaft? - vollgepfropft sind. P. St.


Ludwig Berger - Eine Würdigung; textliche Gestaltung von Walter Meist; v. Hase u. Koehler Verlag, Mainz, 1966; 96 Seiten, 64 Fotos, 13 Faksimiles; DM 19,80.

Zum fünfzigjährigen Bühnenjubiläum ist dieses ehrende Buch erschienen. Auf teurem Papier stehen schöne Worte über einen edlen Menschen. Es tut gut, unter all den wohlgesetzten Lobreden auch etwas Kritisches über einige Filme Bergers zu lesen - bezeichnenderweise aus Bergers eigener Feder. Als Avantgardist des Theaters gepriesen, erweist sich Berger doch mehr als der Bildungsbürger, in dessen spiritistischer Kunstauffassung das "Magische", das "Seelenvolle" voransteht. "Kein technischer, sondern ein seelischer Regisseur", lobte Herbert Ihering und pries eine seiner Bühneninszenierungen als die "Erfüllung musischer Regie". Berger - Märchen war eine für seine Filme gültige Gleichung. Ich kenne weder seine Stummfilme noch seine Hollywood-Filme. Doch als vor Jahren eine Cinémathèque in Paris seine europäischen Tonfilme zeigte, vermochten nur noch zwei halbwegs zu bestehen: WALZERKRIEG (1933; es wurde die französische Version "La Guerre des Valses" gespielt), besser, weil geistreicher und geschmackvoller; als alle Filme von Willi Forst, und den 1939 in England gedrehte THE THIEF OF BAGDAD. Und Ludwig Berger, gross, gütig, weisshaarig, auf einen Stock gestützt, beugte sich voll Charme und Liebenswürdigkeit zu Lotte Eisner hinunter, um mit ihr zu plaudern - ein Bild, das Manet hätte malen können, das Bild einer versunkenen Zeit. Ko


Olivier Shakespeare, compiled by Peter Whitehead u. Robin Bean, Lorrimer Films Ltd., London 1966; 88 Seiten.

Anlässlich der Othello-Verfilmung haben Peter Whitehead und Robin Bean ein kleines Büchlein über Olivier zusammengestellt. Einer kurzen, in holpriges Deutsch übersetzten Laudatio, die sich im wesentlichen in der Aneinanderreihung von Fakten erschöpft, folgt eine nicht sehr sorgfältige Filmografie. Das Wichtigste an dem schmalen Bändchen sind 46 Fotos aus den fünf Shakespeare-Verfilmungen, an denen Olivier beteiligt war (AS YOU LIKE IT, HENRY V, HAMLET, RICHARD III, OTHELLO).


Rudi Blesh, Keaton, Macimilian, New York 1966, 8.95 Dollar.

Der grosse Buster Keaton-Boom ist - zumindest in Deutschland - wieder abgeklungen, und noch heute wartet man vergeblich auf längst angekündigte Filme: OUR HOSPITALITY, THE NAVIGATOR und GO WEST, ganz zu schweigen etwa von THE THREE AGES oder SHERLOCK JR. Es scheint also etwas anachronistisch, hier eine Biographie Buster Keatons zu besprechen. Wenn es trotzdem geschieht, so nicht nur, weil sie sehr geglückt ist, sondern auch, weil eine ausführlichere Beschäftigung mit Keaton als bisher sich durchaus lohnen würde. Ein recht guter Ausgangspunkt dazu wäre diese Biographie, die auf Gesprächen mit Keaton, seinen Verwandten und Bekannten beruht. Glücklicherweise hat sich jedoch diese Verschiedenartigkeit der Quellen stilistisch nicht negativ niedergeschlagen; sondern dem Buch zu einem seiner grössten Vorzüge verholfen. Für eine Biographie, besonders die eines Filmstars, ist dieses Buch von einer überraschend erfreulichen Objektivität und Sachlichkeit. So versucht der Autor zum Beispiel nicht, bei den späten Columbiashorts auf Biegen oder Brechen das Genie Keatons nachzuweisen, das dort nur noch zu erahnen ist, sondern behandelt sie lediglich als Verdienstquelle, was sie denn auch waren.

Blesh traf eine gute Entscheidung, als er sich entschloss, dem Leser die Suche nach Momenten, in denen sich Keatons Leben in seinen Filmen und in der von ihm geschaffenen Filmfigur niederschlägt, selbst zu überlassen. Mit einer Ausnahme fehlt jeder direkte Hinweis auf eine derartige Verbindung, und so bleibt der Leser in dem angenehmen Glauben, die zahlreichen Beziehungen selbst entdeckt zu haben. Noch bevor man jedoch dieses Detektivspiels müde wird, ist man schon dabei, die Stilsicherheit. Keatons zu bewundern, der sich nicht darauf beschränkte, sich selbst zu spielen, sondern eine zeitlos gültige Figur entwickelte, die weit tiefer ausgestaltet ist als z. B. Harold Lloyds sympathischer Boy oder die Gestalten anderer Kollegen. Denn obwohl viele seiner Gags zu den Meisterstücken des Surrealismus zählen, ist doch Keatons Figur die glaubwürdigste von allen. Seine Figuren haben stets einen leicht traurigen Unterton, der ihre Erfolge in Frage stellt und sie als freundliches Zugeständnis eines grossen Komikers entlarvt. So wäre zum Beispiel COPS, in dem Buster natürlich schuldlos von einer Horde von Polizisten verfolgt wird, ein Alptraum, wenn er nicht so herrlich komisch wäre. Die Schlusssequenz, die Buster hin- und hertaumelnd in dem sich drehenden Rad eines Schaufelraddampfers zeigt, ist zugleich eine der komischsten und tragischsten Kernszenen der Filmgeschichte. Dies nur etliche von den Gedanken, die dem Autor sehr wohl bekannt sind und zu deren Entdeckung er den Leser führt. Vergleicht man diese Biographie mit der Autobiographie Chaplins, wohl des einzigen Komikers, der ihm ebenbürtig ist, so entdeckt man den dritten wesentlichen Vorzug. Die zweite Hälfte von Chaplins Buch ist eine lange, sentimentale Verteidigungsschrift gegen Angriffe, die zu lächerlich sind, als dass man auf sie eingehen sollte. Da aber Chaplin verbittert immer wieder darauf zurückkommt, zwingt er den Leser, Charlie den Tramp gegen den Biographen Chaplin in Schutz zu nehmen. Die vorliegende Biographie jedoch verzichtet darauf, auf das Mitleid des Lesers zu spekulieren, und schildert den Niedergang Keatons, der nicht weniger zur sentimentalen Ausschlachtung verlockt, erfreulich, sachlich. Dieser Verzicht auf gefühlvolle Einfärbung ist sicher nicht nur darauf zurückzuführen, dass im Fall Keaton ein anderer Autor tätig war, sondern wohl hauptsächlich dem Einfluss des gereiften Keaton zuzuschreiben.

Weitere Vorzüge des Buches seien hier nur noch aufgezählt: Als erstes fällt ein ungewöhnlich reiches Bildmaterial zum grössten Teil aus Keatons Sammlung auf, dessen Zusammenstellung vorbildlich ist. Zweitens enthält das Buch eine vollständige Filmographie, die selbst seine kürzesten Auftritte verzeichnet, allerdings nicht seine Fernsehfilme enthält, die laut Blesh nicht wenig zur schnellen Verbreitung des Fernsehens in Amerika beigetragen haben. Eine umfangreiche Würdigung erhält "Fatty" Arbuckle, dessen Partner Keaton anfangs war, Arbuckle ist zwar auch bei uns vielen bekannt, bedauerlicherweise aber weniger durch seine Filme denn als Hauptfigur des ersten grossen Skandals der Filmgeschichte (dessen Verlauf dieses Buch ebenfalls anschaulich wiedergibt). Schliesslich wird man im ersten Drittel des Buches ausführlich über das New Yorker Vaudevilletheater informiert, als dessen grössten Kinderstar man Keaton wohl bezeichnen darf.

Zumindest deutschen Lesern jedoch dürften gerade diese Passagen zu lang erscheinen, wenn sie auch interessant geschildert sind (und aufregend genug verliefen). Da jedoch vornehmlich der Filmkomiker Keaton interessiert, gerät man doch zuweilen in Versuchung, etliche Seiten diagonal zu lesen, um baldmöglichst zum "Wesentlichen" zu kommen. Sicherlich aber wird man nach Beendigung dieses Buches auch diese überschlagenen Seiten nachholen wollen.

Eine baldige deutsche Veröffentlichung wäre dem Buch zu wünschen, wenngleich zu befürchten ist, dass die Zahl der Käufer bei dem derzeitigen Kreis Interessierter nur sehr gering bleiben wird und eine Kürzung z. B. des Bildteils einen Verlust bedeuten würde. Allen aber, die es sich leisten können, sei dieses Buch empfohlen.       W.T.


Alfred Estermann: Die Verfilmung literarischer Werke; H. Bouvier u. Co. Varlag, Bonn 1965; 472 Seiten, DM 56,-; Band 33 der Abhandlungen zur Kunst-, Musik- und Literaturwissenschaft.

Das Verhältnis von Literatur und Film, scheint einen besonderen Reiz auszuüben. Die Zahl der Publikationen über dieses Thema will kein Ende nehmen. Doch die Hoffnung, endlich einmal etwas Vernünftiges lesen zu können, trübt auch Estermanns "Die Verfilmung literarischer Werke". Es ist das landläufige Philologengesäusel, mit viel Fleiss und wenig Geist geschrieben. Es gehört schon einiges dazu, 470 Seiten zu schwärzen, ohne auch nur einen halbwegs geistreichen Gedanken zu Papier gebracht zu haben. Zum Ersatz weisen die 255 Textseiten dafür insgesamt 936 Fussnoten auf.

Die Sprache des Buches ist umständlich, verdorrt und schulmeisterlich, ohne jede Inspiration; mitunter steigert sie sich zu einer nur schwer erträglichen Schwülstigkeit. Wendungen wie "niedere Unterhaltung", "entspannende Unterhaltung", "Poeten hohen Ranges", "Poeten weniger hohen Ranges", "tiefere Regionen des Kunstgewerbes" (das liesse sich beliebig fortsetzen) zeigen, wie sehr der Autor den bürgerlichen Vorstellungen der Jahrhundertwende verhaftet ist. Noch schlimmer sind die Häufungen von Zitaten deutscher Literaturwissenschaftler, überhaupt ist an diesem Buch alles deutsch. Richtiger müsste sein Titel lauten: «Die deutsche Verfilmung deutscher literarischer Werke". Unter den ungezählten Zitaten findet sich kaum eine Handvoll, die von ausländischen Autoren stammt und die auch nur dann, wenn sie ins Deutsche übersetzt waren. Gunter Groll scheint für Estermann das: Nonplusultra an Filmwissenschaft zu sein. Fast zwei Fünftel des Buches nimmt ein nur aus Daten bestehender Überblick über Verfilmung deutscher Literatur von 1895 bis 1964 ein - ein Katalog, der naturgemäss unvollständig sein muss. Dann kommt der Autor zu "der Hauptfrage dieser Arbeit nach dem, was bei der Adaption vor sich geht". Doch irgendwo auf den folgenden 300 Seiten muss er die Frage vergessen haben; sie wird nicht beantwortet. Dafür wird mit deutscher Gelehrtengründlichkeit rubriziert, klassifiziert, eingeteilt in Kästchen, Schubladen, Kategorien, eine riesige Beckmesserei betrieben; und unter der Hand verselbständigen sich diese Kästchen und ziehen dem Autor von hinten eins über.

Am Ende steht die Logik Kopf.

Da werden "Dokumentation", "Verfilmung" und "Filmkunstwerk" gesondert; man lernt, dass es eine "Worthälfte" und eine "Bildseite" gibt; von den "Zeigegesetzen der Filmkamera" ist die Rede; und schliesslich feiern gar die abgetakelten Begriffe "filmisch" und "unfilmisch" eine gequälte Auferstehung. Seine Erkenntnisse bezieht Estermann aus der Analyse eines Dutzend deutscher Verfilmungen, die schlechte, zum Teil miserable Filme sind; lediglich das "Filmkunstwerk" DER BLAUE ENGEL macht da eine Ausnahme. Aber sofort wird die Gedankenkürze des Autors sichtbar, wenn er Professor Rath im Film - im Gegensatz zum Roman - als jovial charakterisiert. Hier projiziert er seine eigene intellektuelle Arglosigkeit in den Autor des Films.

Ein Kapitel ist den Problemen "der Rezeption bei Literatur, Theater und Film" eingeräumt. Die Vorgänge werden lang und umständlich auf einer kunstphilosophischen Basis erörtert, die längst durch die moderne Psychologie überholt ist. So kommt es zu grotesken Missverständnissen. Hinsichtlich der Konstitution des "Empfängers" handele es sich beim Lesen und im Theater um ein Geben, Nehmen und Haben zugleich, eine Atmosphäre der Zwiesprache herrsche zwischen Werk und Mensch; beim Film dagegen sei es überwiegend ein blosses Nehmen. Und flugs wird daraus gefolgert: "Im Film lässt sich keine Rezeption möglich machen". Das sei der Wirkung des Sensationellen im Film zuzuschreiben. Denn "Film aber ist Sehen" - womit für Estermanns Philologenlogik Denken ausgeschlossen ist. Unter Verfilmung scheint Estermann die Umsetzung der literarischen Vorlage Wort für Wort, Satz für Satz in Bilder zu verstehen. So stellt er etwa fest, das Wort "übrigens" könne man nicht verfilmen. Die Schlussfolgerung: jede Verfilmung sei eine "Verzerrung", eine "Verfälschung" der literarischen Vorlage. Das hängt mit den strukturellen Unterschieden zwischen Literatur und Film zusammen, die nach Estermann darin bestehen, dass Literatur auf das "Innen" zielt, der Film sich aber mit dem "Aussen" begnügen muss.

Kamen einem schon bei der Erörterung der literarischen Probleme Bedenken, ob Estermanns Literaturverständnis, so ereilt einen nun die Gewissheit, dass seine Ahnung vom Film der unseres derzeitigen Bundespräsidenten von moderner Kunst gleichkommt. Auf die komplizierten Adaptionsvorgänge, die Abstraktions- und Konkretisierungsstufungen und die Äquivalenzen kommt Estermann so wenig auf die Idee, dass auch eine Einstellung oder die Zusammenfügung zweier Einstellungen eine gedankliche Bedeutung haben könnten. Film ist für ihn vornehmlich eine sinnliche, keine gedankliche Angelegenheit - eine Vulgärvorstellung, die wissenschaftlich - und er geriert sich als Wissenschaftler - unhaltbar ist, da beide Züge untrennbar verbunden sind. Dass man gewissermassen auch in Bildern denken kann, ohne zu Verbalisierungen greifen zu müssen, dass ferner zwischen Bild und Wort ein diffiziles, dynamisches Verhältnis besteht, ist für ihn undenkbar. Seine Kästchenmethode erlaubt nur eine statische, keine dialektische Betrachtungsweise der komplexen Vorgänge. Statt den ganzen schrecklichen Ballast überholter bürgerlicher Kunstvorstellungen aufzuwärmen, statt mit jenen schwammigen, unexakten, vorwissenschaftlichen Begriffen zu jonglieren, hätte Estermann besser daran getan, sich etwa "Tagebuch eines Landpfarrers" von Robert Bresson dreissigmal anzusehen, um dann zwei Jahre über diese Verfilmung des Bernanosschen Romans nachzudenken. Sicher wäre er mit 200 Seiten und ohne eine Fussnote ausgekommen. Doch dafür hätte ihm vielleicht keine deutsche Fakultät den Doktortitel verliehen.

Merke: Kunst ist Kunst und hat nichts miteinander zu tun.       Ko.
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Eine ganze Generation im Film wartet nur darauf, Überzeugungen auszudrücken, die sie hat, und nicht nur solche, für die sie bezahlt wird.       Hans Richter, 1944


Zu Jean Marie Straubs CHRONIK DER ANNA MAGDALENA BACH Deutschland 1987.

Produktion: Franz Seitz; Regie. Jean-Marie Straub; Drehbuch: Danièle Huillet und Jean-Marie Straub; Kamera: Ugo Piccone Musik: Johann Sebastian Bach; Ausführende: Cecentus Musicus, Wien: Scola Cantorum Basiliensis, Basel, Knabenchor Hannover, Darsteller: Gustav Leonhardt, Christiane Lang, Kathrien Leonhardt, Andreas Pangritz, Bob van Asperen

Die Vorgeschichte ist bekannt. Kein Projekt des "Jungen deutschen Films" musste so zäh erkämpft werden, keines erhielt bereits vor Drehbeginn eine solche Publizität, und bei keinem hat man so wenig Aussicht, den fertigen Film je im Kino zu sehen. Diesmal ist der Film zwar abendfüllend, aber er passt noch weniger als MACHORKA MUFF ubd NICHT VERSÖHNT in eine der gängigen Kategorien. Straub nennt ihn eine "Kinemato-Biografie", (Filmkritik 11/66, S.607.) an anderer Stelle einen "Film zwischen Dokumentar- und Spielfilm, zugleich ein Liebesfilm". Heft 48 Berücksichtigt man, dass es ein Film von Straub ist, dann heisst alles das praktisch, dass man ihn mit nichts vergleichen kann, ausser vielleicht mit seinen eigenen früheren Filmen.

"In MACHORKA MUFF habe ich mich der Realität bedient, damit die Fiktion, sagen wir die Satire, noch realistischer werde, hier will ich mich der Realität im Gegenteil bedienen, damit der Aspekt des Fiktiven, den der Film hat, noch deutlicher wird, so dass man am Schluss fast vergessen hat, dass es um Bach geht. Am Ende wird der Film fast mehr ein Roman sein als selbst NICHT VERSÖHNT gerade dadurch, dass ich fast ausschliesslich Realität nehme". (Filmkritik 11/66, S.607.) Es geht also um eine Aufhebung der Realität durch die Realität. Ansätze dazu finden sich bereits bei NICHT VERSÖHNT und sind im Zusammenhang damit schon beschrieben worden. (Frieda Grafe in Filmkritik 3/66, S.143) Neu an der CHRONIK ist die Konsequenz, mit der Straub diesmal vorgeht: er verzichtet von vornherein auf einen fiktiven Anteil, etwa wieder eine Romanvorlage, und arbeitet jetzt nur noch mit dokumentarischem Material. Dies liegt in zwei Realitätsebenen; zunächst der des Historischen: Kostüme, Perücken, Dokumente, biografische Fakten, Texte aus Briefen und dem Nekrolog (zum grössten Teil von Anna Magdalena im "off" gesprochen) und schliesslich die Musik selbst mit ihrem historischen Aspekt. Dem gegenüber steht die Gegenwart mit lebendigen Personen, Musikern, die vor der Kamera die gleichzeitig hörbare Musik aufführen und deren Worte ebenfalls im Originalton erscheinen. Straubs Methode besteht nun darin, den Abstand zwischen diesen beiden Ebenen nicht durch Aktualisierung oder irgendeine Form der "Wiederbelebung" des Historischen zu vermindern, sondern ihn im Gegenteil noch zu betonen: durch den Archiv-Charakter der Dokumente, durch historische Instrumente und Besetzungen (die daher im Film eine ganz präzise Funktion haben, jenseits aller Diskussion um die optimale Bach-Aufführung und insbesondere dadurch, dass alles, was der Natur der Sache nach nicht historisch sein kann (und im üblichen Historien-Film meist durch hypothetische Äquivalente mehr oder weniger geschickt eingeschmuggelt wird), bewusst unhistorisch gehabten wird. Das gilt vor allem für die Personen: "Jedes Kind weiss, dass Bach längst; tot ist, und ich habe nicht die Absicht, zu versuchen, die Illusion zu erwecken, dass ich Bach vom Tode erweckt habe. Deswegen nehme ich jemand, der Gustav Leonhardt heisst und der nicht unbedingt aussieht, wie Bach aussah, und gar nicht, wie die meisten Leute sich Bach vorstellen, ein bisschen dick und so; das ist ein ganz schmaler Mensch". (Filmkritik 11/66, S.607.)

Die Darsteller sind unsere Zeitgenossen, man merkt ihnen an, dass sie vor Drehbeginn verkleidet wurden, und dass sie sich danach dieser Kostüme wieder entledigen werden. Sie schaffen keine Identifikation, sie sind - nicht nur als Musiker - Interpreten.

Von keinem Chopin-Spieler würde man erwarten, dass er durch spitze Nase und Hustenanfälle die Illusion erzeugt, er sei der Komponist. Der Interpret benutzt das historische, tote Material, um es entsprechend seiner Auffassung von der Sache und seinen Fähigkeiten aufzuführen. Die Möglichkeiten und Grenzen seiner Person überlagern das vorgegebene Material wie ein Muster als, etwas zunächst von ihm Verschiedenes, das aber im Moment der Aufführung durch die dabei gewonnene Qualität des "Lebendigen" mit dem, der ihm diese Qualität gegeben hat, eine untrennbare Einheit bildet. Dieser Begriff der Interpretation gilt auch für das Verhältnis der Darsteller zu ihren Rollen in der CHRONIK. (Wie viel oder wie wenig das mit "epischem Theater" zu tun hat, soll hier offen bleiben).

Das Ergebnis ist, dass die historischen Rollen aktualisiert werden, aber in einem ganz anderen Sinn, als es durch Identifikation möglich wäre: die "Interpretation" hebt das Historische auf, einmal durch die prinzipielle Wiederholbarkeit und damit ständige Aktualität, durch einen Modell-Charakter ohne das fiktive Moment einer Parabel, zum ändern durch die Faszination der sich im Augenblick abspielenden Realisierung. Der biografisch-historische Zeitbegriff verwandelt sich in einen musikalischen. Neben dem Moment des Gegenwärtigen durch die jeweilige Aufführung unterscheidet vor allem das der Wiederholbarkeit die Zeitstruktur in der Musik grundsätzlich von der historischen. Hier gibt es kein alt oder jung, keinen Tod, sondern nur eine beliebig oft reproduzierbare Reihenfolge mehr oder weniger gleichwertiger Ereignisse.

Genau das trifft aber auch für das Medium "Film" zu. Straub arbeitet als erster mit dieser natürlichen Kongruenz von Film und Musik. Zusammenfassend kann man sagen: er spielt die Biografie Bachs auf dem Instrument "Film".

Die in Musikfilmen übliche Praxis besteht bekanntlich darin, dass ein Medium das andere vergewaltigt, meist der Film die Musik. Ihren klassischen Ausdruck findet dieses Prinzip in der heute beim Fernsehen üblichen Methode der Musik-Vorführungen mit ihren Einkreisungsschwenks, Beleuchtungs-, Überblendungs- und Doppelbelichtungs-Spielchen, die sich als filmische Ausdeutung geben und in Wirklichkeit nichts weiter sind als Dokumente musikalischer Dummheit.

Straub spricht davon, dass er einen Film zu machen versuchen wollte, in dem man Musik nicht als Begleitung, auch nicht als Kommentar, sondern als ästhetische Materie benutzt". (Filmkritik 11/66, S.607.) Der Aspekt der Biografie wird dadurch aber nicht unterdrückt oder verstümmelt; wie in der Bachschen Polyphonie passt alles zusammen, aber jede "Stimme" kann auch für sich allein bestehen, keiner den Einzelbestandteile musste sich spürbare Eingriffe zugunsten des Ganzen gefallen lassen. Dieses Moment der Gewaltlosigkeit und damit der Wahrheit in einem ganz naiven Sinn ist für den Film charakteristisch. Er wäre gleichermassen geeignet, um Musikgeschichte, Aufführungspraxis, Musikästhetik oder Filmtheorie daran zu studieren, obwohl nichts von alledem Straub als Absicht unterstellt werden könnte.

Der Aspekt der Biografie tritt nicht nur durch Dokumente und die strenge Chronologie der Fakten in Erscheinung, er äussert sich auch filmisch als Umsetzung in etwas Handlungs-ähnliches, einen Zug, eine Tendenz, eine Ausrichtung auf den Schluss hin, auf Bachs Tod. Die Beleuchtung der anfangs hellen Einstellungen wird zunehmend dunkler, in den Texten (auch bei der Musik) mehren sich die Hinweise auf den Tod. Einen "Film über den Tod" hat Danièle Huillet das Ganze genannt. Hier zeigt sich, mit welcher Konsequenz Straub seine Methode durchhält: sein Bach lässt ein Jahr nach dem anderen hinter sich, aber er altert nicht. Zuletzt sieht man den Darsteller am Fenster stehen, während der Kommentar über Bachs Sterben berichtet.

Eine auf diese Weise konsequent "aufgeführte" Musikerbiografie ermöglicht es zum erstenmal; jenseits eines Pathos vom "Leben für die Musik" die ganz nüchterne Einheit von Leben und Musik bei Bach darzustellen. In der Biografie eines Mannes, der sein Leben zu einem grossen Teil damit zubrachte, Musik zu schreiben und aufzuführen, kann die Musik weder in einem Sonderkapitel abgehandelt werden (à la "Leben und Werk"), noch als Anhängsel über die einzelnen biografischen Fakten verteilt werden. Straubs "Chronik" besteht zum grössten Teil darin, dass man die Aufführung von Werken aus den verschiedenen Lebensabschnitten Bachs sieht. Diese Aufführungen erwecken den Eindruck einer mühevollen Arbeit, sie sind Musiker-Alltag, das Gegenteil von "hohen festlichen Stunden". Meist werden ganze Sätze oder zumindest grössere zusammenhängende Abschnitte daraus gespielt und ohne Unterbrechung in einer Einstellung gezeigt. Dazwischen erscheinen "punktförmig" kurze Szenen, Dokumente, Kommentare. Die Einheit von "Leben" und "Werk" wird noch auf eine entwaffnend einfache Weise dadurch betont, dass Rollen und Musik von den selben Menschen gespielt werden.

Straub hält sich also weder an eingespielte Seh- und Hörgewohnheiten, noch setzt er bestimmte Erfahrungen, Kenntnisse oder Fähigkeiten (etwa musikalische) voraus, wodurch das potentionelle Publikum zwar verkleinert, aber doch wenigstens bestimmbar würde. Das Mobilisieren von Bildungsreserven lässt bei diesem Film im Stich, Auch die Suche nach einem "Anliegen" oder einer "Aussage" führt nicht weit. "Immer bin ich darauf aus, alle Absichten - Ausdrucksintentionen - zu eliminieren". (Filmkritik 11/66, S.607.)

Am Rande sei bemerkt, dass es ein grobes Missverständnis wäre, hierin von vornherein schon ein l' art pour l' art-Ideal zu sehen. Straub sagt über die "Chronik": "_... wenn der Film auch das wird, was der Mensch war, dann geht er natürlich bis in die Wurzeln der Gesellschaft _... Die Dialektik zwischen _... Geduld und Gewalt steckt in der Kunst von Bach selbst _...". (Filmkritik 11/66, S.607.) Spätestens seit Adorno (Ideen zur Musiksoziologie (in: Klangfiguren - musikalische Schriften. I - Berlin-Frankfurt/M. 1959. S. 9)) weiss man, dass gerade in absoluter Kunst und insbesondere in Musik gesellschaftliche Strukturen sich niederschlagen. Straubs Methode, Biografisches und Musikalisches ohne gegenseitige Vermischung auf einer gemeinsamen Ebene darzustellen, ist besonders geeignet, solche Beziehungen zu verdeutlichen. Bachs fast pedantische Übernahme traditioneller musikalischer Formen bei z. T. grossen harmonischen und kontrapunktischen Kühnheiten im Detail entspricht eine prinzipiell unterwürfig-loyale Haltung gegenüber fürstlichen Obrigkeiten, während gleichzeitig ein verbitterter Kampf gegen die einzelnen Einschränkungen und Schikanen geführt wird. Unter solchen Aspekten ist es zweifellos berechtigt, auch in der CHRONIK einen "Film über Deutschland" zu sehen Heft 48: über ein Land, in dem es bis heute nur unsystematische oppositionelle Einzelaktionen, aber noch keine Revolution gegeben hat, in dem vielleicht aber gerade dieses Charakteristikum eine Voraussetzung für manche künstlerische Produktion gewesen ist.

An was kann sich der Zuschauer und -Hörer nun aber konkret halten? Straub, verlangt etwas ärgerlich Einfaches: ruhig und genau und ohne auszuweisen einen bisher unbekannten (oder teilweise bekannten) optisch-akustischen Vorgang zu verfolgen. Optische und akustische Phänomene müssen unabhängig voneinander wahrgenommen werden, sie sind prinzipiell gleichwertig; jedes kann je nach dem Zusammenhang "Hauptstimme" oder "Begleitung" sein. Der Verzicht auf optische "Belebung" während der Aufführung von Musik ist genau so wenig unfilmisch wie ein Musiker unmusikalisch, der eine Begleitstimme piano spielt. In der CHRONIK zeigt die Kamera - abgesehen von einigen Einstellungen, bei denen die Musik "off" ist - nur das, was zwangsläufig zu einer aufgeführten Musik gehört: die Bewegungen der Musiker und ihre Mimik. Diese Vorgänge spielen sich in kleinsten Dimensionen - gewissermassen im molekularen Bereich - ab. Vor allem ist für sie charakteristisch, dass sie ohne jeden Eigenwert allein Ausdruck einer vollkommenen Konzentration auf die Musik sind und damit organisch, gewaltlos auf diese hinweisen und gleichzeitig eine Art "Anwesenheitseffekt" vermitteln. Meist bleibt die Kamera während der ganzen Einstellung unbeweglich. Einige sehr langsame Fahrten scheinen allgemeine Züge der Musik - etwa einen "expansiven Charakter" oder Konzentration auf ein Instrument - zu unterstreichen, in den meisten Fällen besteht wohl eher eine Beziehung zur rhythmischen Gesamtstruktur des Films als zu einzelnen Abschnitten der Musik. (Th. W. Adorno in "Einleitung in die Musiksoziologie", rde Nr. 292/4 (1968), S. 78: Innermusikalische Spannungen sind die ihrer selbst unbewussten Erscheinungen von gesellschaftlichen.) Hier wie in vielen anderen Punkten sind noch genaue Analysen erforderlich, die mehrmaliges Sehen des Films voraussetzen würden.

Im Augenblick kommt es darauf an, diesen Film dem allgemeinen Bewusstsein immer wieder in Erinnerung zu bringen, damit sich nicht nur ein Verleih, sondern auch ein Publikum für ihn findet. Straub sollte dafür, dass er einen neuen Filmtyp entwickelt und mit äusserster Konsequenz realisiert hat, nicht nur büssen. Die filmtheoretische und -historische Bedeutung Straubs ist heute erst zu ahnen. Es muss möglich sein, dass er unter angemessenen Bedingungen weiterarbeiten kann.       Hans von Lüpke
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